Sprache und Grenzüberschreitungen (9)

Shownotes

Chat-Gruppen mit diskriminierenden, rassistischen Inhalten, Mobbing und grenzüberschreitende Sprüche: Immer wieder gelangen Vorfälle dieser Art aus der Organisation Feuerwehr durch mediale Berichterstattung ans Licht der Öffentlichkeit. In dieser Episode von „Zukunft 112“ schildert eine ehemalige Einsatzkraft wie sie genau solche Entwicklungen aus nächster Nähe beobachtet hat. Als Teil einer Freiwilligen Feuerwehr in einer ländlichen Region der neuen Bundesländer. Damals, im Jahr 2015, erlebte der Feuerwehrmann vor Ort, wie politisch polarisierende Migrationsdebatten das Klima in seiner Feuerwehr-Gemeinschaft verändern. Gruppenbezogen menschenfeindliche Inhalte werden zunehmend in der gemeinsamen Chat-Gruppe geteilt – und unkommentiert stehengelassen. Oder als „Humor“ abgetan. Führungskräfte sowie die Mehrheit der Mitglieder verpassen ein ums andere Mal diesem Selbstbild von Feuerwehr zu widersprechen. Die klare Positionierung für demokratische Grundwerte, für ein Miteinander auf Augenhöhe bleibt aus.

Wie sich im engen sozialen Gefüge Feuerwehr extremistische Tendenzen schleichend breitmachen können, hat bereits die Folge „Demokratiestärkung“ dieses Podcasts beleuchtet. In dieser Episode steht nun ein konkreter Fall im Fokus, der diesen Prozess plastisch nachvollziehbar macht. Es geht darum, wie Grenzen des Sagbaren überschritten werden. Im Gespräch mit den Expert:innen werden Grenzverläufe ausgelotet. Im Fokus stehen unter anderem die Fragen, wie Humor als Methode von Hassrede genutzt wird, wie stark abwertende Sprache mit Sozialisierung zu tun hat und was Feuerwehr aktiv tun kann und muss, um sich für das Thema Sprache, Humor und Grenzverletzungen zu sensibilisieren.

Transparenz

In dieser Folge kommen folgende Gesprächspartner:innen zu Wort:

Anonym, ehemalige Einsatzkraft Freiwillige Feuerwehr

Larissa Robinson, Schauspielerin und Psychologin, Training und Coaching UDT Fire & Rescue zu den Schwerpunkten Sprache, Auftreten und Präsenz

Ann-Sofie Susen, Projektleitung Mobiles Beratungsteam Berlin für Demokratieentwicklung, Stiftung SPI

Diese Episode geht auf die strategische Zielsetzung von Hassrede in sozialen Netzwerken ein. Zitiert wird dabei aus einem Gastbeitrag von Prof. Dr. Stefan Goertz, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei, für die Konrad-Adenauer-Stiftung. Ebenso wird ein Auszug aus der Veröffentlichung „Ist ja nur Spaß…“? Humor als rechtsextreme Strategie“ der Amadeu-Antonio-Stiftung genutzt.

Es wird auf die Satzung des Deutschen Feuerwehrverbands verwiesen.

Im Kontext von Sprachsensibilisierung wird aus einem 2022 erschienenen Dokument der Zentralstelle für Prävention des LKA Berlin mit dem Titel „Empfehlungen für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch“ zitiert.

Im Zusammenhang mit geschlechtergerechter Sprache wird eine Studie der Freien Universität Berlin erwähnt, die aufzeigen konnte, dass sich Grundschülerinnen männlich assoziierte Berufe eher zutrauen, wenn diese geschlechtergerecht kommuniziert werden.

Eine Passage aus der Publikation „Frauen und Mädchen bei der Feuerwehr“, erschienen 2007, wird genutzt, um den Komplex Humor gegen wenig repräsentierte Gruppen in der Feuerwehr zu veranschaulichen. Konkret geht es um den Aspekt Frauenwitze.

Im Zuge einer Workshop-Übung verweist die Interviewpartnerin Ann-Sofie Susen auf die Publikation „Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen“ von Anatol Stefanowitsch.

Dieser Podcast wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat im Rahmen des Bundesprogramms „Zusammenhalt durch Teilhabe (ZdT)“. Die im Bundesprogramm geförderten Projekte der Landesfeuerwehrverbände Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben die Produktion inhaltlich beraten. Seit Februar 2024 hat sich die Zahl der durch ZdT geförderten Projekte von elf auf zehn reduziert, deswegen ist in den ersten Folgen noch von elf Projekten die Rede.

Transkript anzeigen

00:00:00: In diesem Podcast sprechen wir über die Feuerwehr. Aber wir sind anders. Hier geht es nicht um

00:00:12: Blaulichtalltag und Rettungsaktionen. Wir wollen ins Innere der Organisation schauen und fragen,

00:00:17: was hält Feuerwehr zusammen? Warum das wichtig ist? Ganz einfach. Feuerwehr ist Daseinsvorsorge

00:00:23: und geht uns deshalb alle an. Wenn polarisierende Debatten und Krise um Krise des Meinungsklima

00:00:29: verschärfen, schlägt sich das auch in Feuerwehren nieder und Konflikte sind vorprogrammiert. Dann

00:00:34: geht es darum, Spaltung und Vereinnamung zu verhindern und demokratische Grundwerte zu fördern. Wie

00:00:39: das gelingen kann, wollen wir die Fragen, die praktisch daran arbeiten. Du hörst Zukunft 112,

00:00:45: Zusammenhalt in der Feuerwehr. Dieser Podcast ist im Rahmen des Bundesprogramms Zusammenhalt

00:00:53: durch Teilhabe entstanden. Ein Programm des Bundesinnenministeriums und der Bundeszentrale

00:00:59: für politische Bildung. Dieses macht es sich zur Aufgabe, das demokratische Miteinander in

00:01:04: Vereinen und Verbänden zu fördern und Projekte gegen diskriminierendes und demokratiefeindliches

00:01:10: Verhalten zu unterstützen. In dieser Folge kommt eine ehemalige Einsatzkraft zu Wort, die aus der

00:01:16: Feuerwehr ausgestiegen ist. Sie erzählt ausführlich von den Gründen, von einer vermeintlichen Scherzkultur

00:01:22: innerhalb der Gemeinschaft, die Grenzen des sagbaren weit überschritten hat. Es geht um die

00:01:28: fehlende Positionierung für demokratische Grundwerte und die Schlüsselrolle von guter Kommunikation

00:01:34: im Spannungsfeld von Sprache und Diskriminierung. Es sei gleich zu Beginn gesagt, diese Episode

00:01:43: unterscheidet sich von bisherigen. Denn dieses Mal steht eine persönliche Geschichte im Fokus. Sie

00:01:49: wird anonymisiert erzählt, weil der Mensch, der hier von seinen individuellen Erfahrungen mit

00:01:55: Feuerwehr berichtet, seine Identität schützen möchte. Er spricht ausführlich über interne

00:02:00: Schwierigkeiten einer Stützpunktfeuerwehr im ländlichen Raum. Damit ist eine Feuerwehrgemeinde,

00:02:06: die durch Mannschaftsstärke und Ausstattung auch über Gemeindekränzen bzw. ihr eigentliches

00:02:12: Einsatzgebiet hinaus zu Einsätzen herangezogen wird. Es geht um menschenfeindliche Äußerungen,

00:02:18: um unangebrachte Sprache, um Rassismus, der als Scherz deklariert wird. Schon einmal

00:02:24: hat die Person ihre Erfahrungen öffentlich gemacht. Was darauf folgte, sei eine anstrengende Zeit gewesen,

00:02:31: Samtruck, in Fragestellung und fehlender Solidarisierung. Deswegen möchte der Gesprächspartner einen

00:02:38: anderen Namen nutzen, keine genauen Orte oder Personen weitergeben. Also nennen wir ihn einfach

00:02:44: Thomas. Die Dinge, die ihm passiert sind, gibt er subjektiv wieder. Das heißt, seine Geschichte

00:02:50: soll nicht für allgemeinamt verstanden werden. Nicht jede Kameradschaft funktioniert so wie die,

00:02:55: die er aus nächster Nähe erlebt hat. Auch das zeigt seine eigene Geschichte. Thomas hat im

00:03:01: System Feuerwehr eine Hochzeit erlebt, aber auch einen Tiefpunkt, weil jede wer anders tickt. In dieser

00:03:09: Erzählung sollen sich Menschen aus dem aktiven Einsatzdienst wiederfinden können. Vielleicht

00:03:14: haben sie ähnliche Erlebnisse gemacht oder befinden sich aktuell in einer vergleichbaren

00:03:18: Situation. Vielleicht begleiten sie höhere Ämter und merken, dass es auch in ihrer Einheit rote

00:03:24: Linien gibt, die überschritten werden. Für sie ist dieser Episode im Besonderen. Dass Thomas

00:03:30: seine Erfahrungen noch einmal teilt, hat einen guten Grund. Er will ein Umdenken anstoßen. Er

00:03:36: tritt dafür ein, Probleme in den Strukturen von Feuerwehr offen zu benennen. Doch beginnen wir

00:03:41: am Anfang. Seine Feuerwehrgeschichte nimmt vor Jahren in einem der neuen Bundesländer ihren

00:03:47: Lauf. Thomas ist damals 19 Jahre alt. Seine Ausbildung im Bereich Kfz hat er gerade beendet. Er

00:03:54: sucht nach einer Aufgabe, um dem Wehrdienst zu entgehen und erinnert sich an diese Zeit positiv

00:04:00: zurück. Er hat angefangen, bei mir eigentlich damit, dass ich ausgelernt habe und dann wollte ich

00:04:06: arbeiten. Zu der Zeit gab es damals noch die Werbpflicht. Ich wollte aber nicht zum Bund. Also

00:04:12: ich habe mich da wirklich mit Händen und Füßen gewährt. Es war für mich kein Ziel, dort Dienst an

00:04:18: der Waffe zu schieben. Da hat mein Arbeitgeber dann auch überlegt, was sind denn für Möglichkeiten

00:04:25: da? Und das sind wir auf die Feuerwehr gekommen. Damals gab es den Katastrophenschutzdienst noch.

00:04:30: Da bin ich halt Katastrophenschützer geworden. Ich habe mich dann auch immer mehr rein vertieft,

00:04:35: dass ich da schlussendlich eben auch die Liebe zur Feuerwehr gefunden habe und was gemacht habe,

00:04:41: was vorher nicht so war. Also ich habe vorher mich wenig irgendwo engagiert und das war so

00:04:48: richtiger Türöffner. Der Katastrophenschutz ist damals ein direkter Bestandteil der freiwilligen

00:04:53: Feuerwehrtätigkeit. Thomas wird seinen Kompetenzen entsprechend gefördert. Er entwickelt sich,

00:04:59: bringt sich in Knotenkunde ein, er hat Kletter- und Abseilerfahrung und findet in der Feuerwehrgemeinschaft

00:05:04: einen Ort, wo seine Fähigkeiten geschätzt und gebraucht werden. Recht schnell bildet er sich

00:05:10: weiter, macht den Lkw-Führerschein, wird Gerätewart und Maschinist. Was ihn dabei über lange Zeit

00:05:16: angespornt hat, beschreibt er so. An sich, wenn man es wirklich sehr objektiv betrachtet, ist man

00:05:23: eigentlich verrückt, dass man sowas macht. Man verbringt sehr viel seiner Freizeit damit,

00:05:29: man gibt sich in Lebensgefahr. Es ist wirklich eigentlich so, auch wenn das wahrscheinlich

00:05:34: der abgetroschendste Floskel in dem Zusammenhang mit sein kann, das schweißt halt zusammen. Man macht

00:05:39: halt da wirklich was bewegt. Wenn du das nicht mit Leuten zusammen machst, mit denen du wirklich

00:05:47: auch reden kannst, mit denen du auch Vertrauen austauschst oder Vertrauen hast, dann bist du

00:05:54: aufgeschmissen, dann funktionierst du nicht lange. Genau dieses Vertrauen hat er in seiner ersten

00:05:59: Werke gefunden. Vier Jahre bleibt er hier im Dienst. Die Professionalität imponiert ihm und auch das

00:06:05: individuelle Stärken gefördert werden. Der Zusammenhalt ist intakt, so wird es möglich,

00:06:10: belastende Erfahrungen auszuhalten und gemeinsam zu bewältigen. Das Team stützt und schützt

00:06:16: sich gegenseitig. Das habe ihn bei jedem Einsatz motiviert, bei jedem nächtlichen Aufstehen,

00:06:22: sagt er. Doch dann ändern sich seine persönlichen Lebensumstände. Thomas zieht in eine größere

00:06:28: Stadt. Von da an macht er eine Feuerwehrpause von vier Jahren, bis er noch einmal seinen Lebensmittelpunkt

00:06:34: verändert, wieder in die Nähe einer Stützpunktfeuerwehr. Und an diesem Ort nimmt er das Ehrenamt

00:06:40: erneut auf. Diese zweite Werr ist für ca. 5000 Menschen zuständig. Etwa 30 aktive Mitglieder

00:06:47: zählen zum Personal. Die Grundvoraussetzungen beschreibt Thomas als gut. Es gab einen Stamm

00:06:53: an jungen engagierten Leuten, die einige Dinge modernisieren wollten, zum Beispiel Ausbildungsinhalte

00:06:59: und Methodiken. Auch Thomas wird aktiv und bildet in Knotenkunde aus. Eigentlich läuft

00:07:05: der Staat damals vorbildlich. Doch dann passieren immer wieder Dinge, die ihm zunehmend unangenehm

00:07:11: werden. An sich ist es wahrscheinlich wie überall. Da fängt viel erst mal mit dem Karneval

00:07:18: an. Da werden eben dann schon zum Teil Miese-Witze gemacht. Als ich dorthin gekommen bin, war

00:07:27: es auch gerade eben 2015. Das war natürlich dann schon auch ein sehr bezeichnendes Jahr,

00:07:34: wo sehr viel auf und niedergegangen ist. Wo man eben auch gemerkt hat, okay, da werden

00:07:42: zum Teil Leute, die jahrelang bekannt sind, ja dann schon wirklich zu verbitterten Feinden.

00:07:49: Da habe ich zum Beispiel halt schon einmal mitgekriegt, wie einer wirklich, der eine

00:07:55: sehr offene Haltung gegen Überflüchtlinge eingenommen hat, der wurde halt wirklich

00:08:00: sehr, sehr niedergemacht. Und wie blöd der denn ist, und das kann doch eigentlich gar

00:08:04: nicht wahr sein. Also, solche Kontakte hat man dann schon sehr schnell. Durch Internet

00:08:11: und die Supervernetzung durch WhatsApp, ja, das sind halt dann schon ganz schnell mal

00:08:19: lustige Bildchen geteilt worden, die dann eben in unterschiedlichen Abstufungen fragwürdig

00:08:26: waren. Lustige Bildchen, das setzt Thomas in Anführungsstriche. Denn in der angespannten

00:08:32: politischen Gemengelage 2015, wo viele Menschen vor dem Krieg in Syrien fliehen, gelangen

00:08:38: zunehmend problematische Dinge im Zusammenhang mit Geflüchteten in den gemeinsamen Feuerwehrkanal.

00:08:44: An einen der ersten Inhalte, der ihm Bauchschmerzen macht, kann sich Thomas noch gut erinnern.

00:08:50: Ein Gebührenbescheid oder ein Asylbescheid von einer Familie, wo dann bei Smartphone

00:08:58: irgendwelche Sachen noch draufnotiert waren und dann ja, guckt euch doch an diese Summe

00:09:03: hier, und das kommt noch dazu, und das kommt noch dazu, und das kriegen die, wo sehr

00:09:08: viel Interpretationsraum gelassen wurde, was dann nun wirklich eigentlich ist, so was

00:09:14: wurde halt geteilt.

00:09:15: Das Phänomen ist bekannt. Chatgruppen und soziale Netzwerke generell verschieben die

00:09:21: Grenzen des Sack und Teilbaren. Hier wird weniger gezögert, polarisierendes zu äußern

00:09:27: als im direkten Gespräch und im Augenkontakt. So beschreibt auch Thomas seine Erfahrungen

00:09:32: in der Feuerwehr. Von Angesicht zu Angesicht sei es stets mehr um die Sache gegangen,

00:09:37: man habe neutral gesprochen, nicht über politisches. Die Anonymität und Distanz, die soziale

00:09:43: Netzwerke zu anderen Menschen schaffen, lockern hingegen den allgemein geltenden Umgangston.

00:09:49: Was der ehemalige Feuerwehrmann hier beschreibt, lässt sich ganz allgemein unter dem Begriff

00:09:54: Hassrede oder Hate Speech fassen. Das hat nichts mit Feuerwehr zu tun, sondern ist

00:09:58: eine gesamtgesellschaftliche Erscheinung. Damit ist gemeint, dass über Beiträge in soziale

00:10:03: Netzwerken einzelne Menschen oder ganze Menschengruppen diskriminiert werden. Zum Beispiel

00:10:09: wegen ihrer Herkunft, Religion, sozialen Zugehörigkeit, wegen einer körperlichen

00:10:14: Beeinträchtigung oder wegen ihres Geschlechts. So fasst es Stefan Goertz von der Hochschule

00:10:19: des Bundes im Fachbereich "Polizei" zusammen. In einem Gastbeitrag für die Konrad Adenauer

00:10:25: Stiftung erklärt er auch, was mit Hate Speech bezweckt werden soll. Denn das Phänomen tritt

00:10:30: keineswegs nur zufällig auf.

00:10:32: Das strategische Ziel von Hate Speech besteht darin, mit Hetze und Hasskampagnen in Kommentarspalten

00:10:39: den Eindruck zu erwecken, diese Hetze stelle ein weitverbreitetes Meinungsbild dar. Das

00:10:45: ist also diese Debatte in gesellschaftlicher Stimmung abbilder.

00:10:48: Ein bekanntes Vorgehen ist es dabei, Beiträge als Humor und Ironie zu tarnen. Diese Methodik

00:10:56: konzertierter Aktionen, wie eben beschrieben, hinterlässt auch Spuren im Miteinander. Nicht

00:11:01: immer sind diese aber sofort sichtbar. Sie graben sich viel mehr ins Unterbewusstsein,

00:11:06: in denen Umgangston und das, was zwischen den Zeilen steht. Diese Entwicklung beschreibt

00:11:11: die Amadeu Antonio Stiftung treffend. Die Muster- und Wirkweisen abgestimmter Aktionen und gezielter

00:11:17: Stimmungsmache rechter Kräfte können die Parameter zwischen menschlicher Kommunikation

00:11:22: grundsätzlich ändern.

00:11:23: In Form von vermeintlich lustigen Sprüchen, Bildern, Fotos und Kartons werden im Netz,

00:11:30: häufig ohne konkret rechtsextremen Hintergrund, Menschen bestimmter Gruppenzugehörigkeit

00:11:35: offen diskriminiert und verlacht. Äußerst beliebt in sozialen Netzwerken sind Gruppen,

00:11:41: die laut Selbstbeschreibung schwarzen oder umstrittenen Humor verbreiten. Wer sich dann

00:11:46: auf vermeintlich spießige Werte wie die Menschenwürde beruft, wird oft als Spaßverderbe

00:11:51: hingestellt. Viele Nutzerinnen und Nutzer feiern sich als besonders rebellisch, wenn

00:11:56: sie umstrittenen Humor verbreiten und wissen gar nicht, welche Mechanismen sie damit in

00:12:01: Gang setzen.

00:12:02: Unter dem Deckmantel des Humors verbreiten sich problematische Äußerungen und beispielsweise

00:12:08: rassistische Stereotypisierungen oft unhinterfragt. Und so findet eine Normalisierung statt.

00:12:15: Das heißt, vermeintliche Witze werden nicht als problematisch erkannt und benannt, sondern

00:12:20: viermehr schulterzuckend weggelächelt. Nach dem Motto "Das ist halt so, ist doch nur

00:12:24: Spaß". Eine Konsequenz aus der beschriebenen Normalisierung ist zweifelsfrei, dass Widerspruch

00:12:31: oftmals ausbleibt. Ähnlich hat es auch Thomas erlebt. Zwar schreitet er ein und lässt geteilte

00:12:37: Inhalte, die gruppenbezogen menschenfeindlich sind, aber auch Fake News und Unwahrheiten

00:12:43: nicht einfach unkommentiert stehen. Aber die Erfahrung, die er in diesem Zusammenhang

00:12:47: macht, er bleibt in seinem Aktionismus allein. Thomas setzt sich für den Schutz der Grundrechte

00:12:53: und die Würde aller Menschen ein. Für Rassismus, Diskriminierung und das Verbreiten von Unwahrheiten

00:12:59: sei kein Platz in der Feuerwehr, sagt er. Er verteidigt also demokratische Werte, auf

00:13:04: denen laut Satzung des Deutschen Feuerwehrverbandes das Selbstverständnis von Feuerwehr beruht.

00:13:09: In der Chatgruppe bleibt seine Äußerung jedoch eine Einzelmeinung, so beschreibt es

00:13:15: Thomas heute. Generell habe er eine klare Haltung, sowohl von Seiten der Führung als auch von

00:13:20: der Mehrheit der Kameradschaft vermisst, auch abseits der Interaktion übers Netz.

00:13:25: Ja, ich bin halt jemand, ich halte da nicht hinterm Zaum damit, wenn ich das eben nicht

00:13:30: okay finde und habe da viele Sachen auch schon mit ganz kurzen Suchen im Internet entkräften

00:13:38: können, wo ich halt dann auch direkt in die Gruppe so reingeschrieben habe. Hier überleg

00:13:42: dir das nochmal. Ich habe schon das gefunden und jenes und so richtig wahr scheint das

00:13:48: ja gar nicht zu sein. Und dann hieß es aber auf einmal, dass es eine Feuerwehrtechnische

00:13:53: Gruppe ist. Wenn ich nicht widersprochen habe und die Inhalte einfach nur dann drinstehen,

00:13:58: ja dann ist das ja gar nicht schlimm, dann diskutiert ja keiner und dann brauchen wir

00:14:02: da nichts machen. Was ich halt wirklich von Anfang an, auch als ich das Vertrauen noch

00:14:08: hatte, kritisch gesehen habe, ist, wenn Leute mit einem T-Shirt rumgerannt sind unter der

00:14:15: Einsatzkleidung, was eindeutige Tendenzen zulässt, sei es halt die Verherrlichung von Wehrmachtssoldaten

00:14:23: oder sowas, oder Merkel-Mussweg-Straßenschild, das ist keine Sache, die vertretbar ist. Deswegen

00:14:32: bin ich eben da felsenfester Meinung, dass da auch ein T-Shirtwechsel dazugehört.

00:14:38: Für ihn ist klar, dass Führungspersonal muss beispielsweise auf solche T-Shirts reagieren,

00:14:44: aktiv und klar in der Ansprache. Es braucht ein eindeutiges Verbot dieser Meinungsäußerungen

00:14:50: im Dienst. Es sei Aufgabe von Funktionär*innen Haltungsleitblanken für alle hörbar zu definieren.

00:14:56: Geschieht dies nicht, bildet sich eine schweigende Mehrheit. Und genau die sei das große Problem.

00:15:02: Der Kreis zum Thema Normalisierung schließt sich damit. Thomas hält es von daher schon immer

00:15:07: anders, wie er sagt.

00:15:09: Wenn jemand Menschen verachtend in Müll teilt, dann habe ich da keine Toleranz mehr gegenüber.

00:15:18: Also für mich eben wirklich oberste Maxime, keine Toleranz der Intoleranz gegenüber.

00:15:22: Dass man da dann eben auch ganz klar kommunizieren muss, dass sowas unter die Göttelinie geht.

00:15:29: Die Situation in seiner Wehr schaukelte sich immer weiter auf. Damals sucht Thomas der eigenen

00:15:35: Aussage nach den Kontakt zum Führungspersonal, um seine inneren Konflikte offen mitzuteilen.

00:15:40: Was zurückkommt, empfindet er jedoch als halbherzig.

00:15:44: Ich habe den direkten Weg über die Wehrleitung gesucht. Und da habe ich eben gerade so was

00:15:52: wie die T-Shirts, die habe ich schon sehr früh angesprochen. Das wurde dann in einer großen

00:15:58: Sitzung einfach mal angesprochen, dass das doch irgendwie sich nicht gehört, aber mehr

00:16:03: dann auch nicht. So genauso wie in der Chatgruppe durch die Wehrleitung.

00:16:09: Schlussendlich nur abmoderiert wurde. Also so richtig, dass man dann auch im Vorfeld einfach

00:16:14: schon das gar nicht erst eskalieren lässt und eben den Leuten sagt, hier teilt doch mal

00:16:17: bitte kein Müll. Das gab es halt alles gar nicht.

00:16:21: Ich habe wahrscheinlich zu wenig mit Leuten gesprochen, die gemäßigt gewesen wären.

00:16:28: Also ich habe mir direkt da jetzt eigentlich nicht Verbündete gesucht, bis es dann halt

00:16:34: einfach irgendwann eskaliert ist. Wo es dann halt für mich keinen Schritt mehr reingab,

00:16:38: wo ich dann halt einfach draußen war.

00:16:41: Und so führt ein Beitrag in der WhatsApp-Gruppe für Thomas dann irgendwann endgültig zum

00:16:46: Bruch. An den genauen Auslöser erinnert er sich gut.

00:16:50: Da gab es dann halt wirklich ein Video, was sehr, sehr viele Ebenen des geschmacklosen

00:17:01: schon noch unterschritten hat, was wirklich von keinem weiter kommentiert wurde.

00:17:08: In dem speziellen Fall war es eben so, der Text, wenn der Gruppenführer sagt, dass

00:17:13: "Versylantenheim brennt" und in dem Video "Tanzen" eben Feuerwehrleute lustig zu "Kotni Joe"

00:17:20: von Rednex, das geht halt einfach nicht. Das ist kein Scherz.

00:17:24: Da bin ich insofern dann aktiv geworden, als dass ich gesagt habe, Leute, wenn ihr so

00:17:31: was hier stehen lasst, dann kann ich nicht mehr Mitglied sein.

00:17:34: Dann frage ich mich, ob ich in der Gruppe wirklich aufgehoben bin oder ob ich dann nicht einfach

00:17:40: lieber gehen sollte. Das war dann für mich auch der letzte Kontakt mit der WhatsApp-Gruppe,

00:17:46: da war ich dann eben sofort auch ausgetreten bin aus der Gruppe.

00:17:49: Zuerst aus der Gruppe, dann komplett aus der Feuerwehr. Der Versuch ihn zu halten, eine

00:17:55: Lösung zu finden, sei ausgeblieben, erzählt Thomas. 14 Tage habe er nach dem Austritt

00:18:01: gewartet. Ein Gesprächsangebot von Seiten der Wehrleitung habe es in dieser Zeit jedoch

00:18:05: nicht gegeben. Sehr vereinzelt hätten sich aber Kameraden gemeldet. Auch jener, der

00:18:11: das Video geteilt hatte. Es sei er ein Ausrutscher gewesen. Eigentlich habe er das Video löschen

00:18:16: wollen, so die Erklärung. Zurückholen kann das Thomas zum damaligen Zeitpunkt allerdings

00:18:21: nicht mehr. Denn selbst wenn diese Darstellung der Wahrheit entspräche, sagt er, es fehlte

00:18:27: an eine Richtigstellung, einer Aufklärung und Entschuldigung.

00:18:30: Das Schockierende sei für ihn gewesen, dass keine einzige andere Einsatzkraft den Impuls

00:18:36: hatte, diesem Selbstbild von Feuerwehr zu widersprechen. Bis heute könne er das absolut

00:18:41: nicht nachvollziehen. Wenn er versucht, sachlich auf den Vorfall zu blicken, bleibt eine Angst,

00:18:47: dass sich Menschen durch genau diese Entwicklungen tatsächlich irgendwann abwenden, sie sich

00:18:51: schlimmstenfalls sogar radikalisieren und sich so menschenfeindliche Einstellungen in

00:18:57: einem schleichenden Prozess bei einer stetig wachsenden Gruppe manifestieren.

00:19:01: Das Hate Speech dieses Potential hat ist kein Bauchgefühl. Viele Berichte, Studien und

00:19:07: Debattenbeiträge setzen sich mit der Wirkweise und den Mechanismen von Hassräder auseinander.

00:19:12: Die Auswirkungen auf individueller sowie gesamtgesellschaftlicher Ebene fasst beispielsweise die Initiative

00:19:19: HateLest zusammen. Das Kooperationsprojekt zwischen der Universität Potsdam und dem

00:19:24: Deutschen Forum für Kriminalprävention erklärt, Hate Speech trage zur gesellschaftlichen

00:19:29: Spaltung bei und erhöhe die Gefahr von Extremismus und Radikalisierung, weil sich Menschen in

00:19:35: bestimmten Gruppen oder Gemeinschaften isolieren und in diesen feindliche Haltungen gegenüber

00:19:40: anderen entwickeln und kultivieren. Wenn Diskurse im Netz von Hass und Hetze bestimmt werden,

00:19:46: leidet darunter die Debattenkultur und ein sinnvoller Meinungsaustausch werde verhindert.

00:19:51: Davor warnt zudem der Verein regionale Arbeitsstellen und Angebote für Bildung,

00:19:56: Beratung und Demokratie in Sachsen. Wenn sich Hassrede gegen bestimmte Personen oder Gruppen

00:20:01: richtet, bestehe die Gefahr, dass diese sich zurückziehen. Und das kann zur Folge haben,

00:20:06: dass sich ganze Teile der Gesellschaft nicht mehr am Diskurs beteiligen.

00:20:10: Diese Analyse lässt sich im Kleinen auch auf Thomas Fallbeispiel übertragen. Auch er hat sich

00:20:16: aus einem öffentlichen, zivilgesellschaftlich organisierten Raum zurückgezogen, der vom

00:20:20: freiwilligen Engagement lebt. Nicht, weil er angegriffen wurde, sondern weil die Solidarisierung

00:20:26: hinsichtlich gemeinsamer demokratischer Werte fehlte. Für Einsatzorganisationen ist das verheerend,

00:20:32: denn sie können auf diese Weise nicht nur fehlige Mitglieder verlieren, sondern leisten als

00:20:37: demokratischer Akteur der Verschiebung der Grenzen des sagbaren Vorschub, in dem Konflikte

00:20:42: nicht ausgehandelt, Meinungen nicht diskutiert werden. Damit bleibt auch eine Positionierung aus

00:20:48: und Mitglieder können verloren gehen. Bis heute ist Thomas nicht in die Organisation zurückgekehrt.

00:20:54: Die Enttäuschung sitzt zu tief, sagt er. Gerade weil Feuerwehr es selbst immer wieder als Top-Thema

00:21:00: definiert, langfristig Feuerwehrkräfte zu binden, zu halten und neue zu gewinnen. Darin sieht er einen

00:21:06: Widerspruch. Überall wird gejammert, ja wir brauchen Freiwillige, jede Feuerwehr hängt ihre

00:21:12: Lackate aus, komm bitte, seid auch mal einer, der da mitmacht. Und hier in dem Fall, ja,

00:21:19: eine gut ausgebildete Kraft, die auch viel mitgemacht hat, ja, kann man eigentlich nicht mehr gebrauchen,

00:21:26: weil wir müssen ja ansonsten irgendwie Gesicht zeigen oder so. Und das hat halt schon auch sehr

00:21:32: wehgetan. Und es ging dann auch so weit, dass dann schlussendlich ein Monat später noch mal

00:21:38: einer sich bei mir gemeldet hat und ja, trittst du jetzt aus der Feuerwehr aus oder machst du noch mit,

00:21:44: so wo ich mir sage, okay, vor einem Monat bin ich ausgetreten. Dass das Ganze eben auch so

00:21:49: unterm Radar weiter lief und ja, das ist diese Drückeberger Mentalität. Man spricht es halt

00:21:58: nicht an, man macht halt da eigentlich lieber gar nichts in die Richtung, weil es könnte ja den

00:22:04: Frieden durcheinander bringen und ja, das geht halt für mich überhaupt nicht.

00:22:12: Das Programm Zusammenhalt durch Teilhabe, kurz ZDT, in dessen Kontext auch dieser Podcast

00:22:18: entstanden ist, macht sich genau das zur Aufgabe. In zehn Landesverbänden der freiwilligen Feuerwehren

00:22:24: und Demokratieberater und Beraterinnen ausgebildet.

00:22:28: Sie sind bei internen strukturellen Problemen in der Wehr ansprechbar und vermitteln.

00:22:32: Viele von ihnen sind in den vergangenen Episoden zu Wort gekommen und haben gezeigt,

00:22:37: wie ein transparenter Dialog problematische Situationen entschärfen kann,

00:22:41: wie Feuerwehr auf diesem Weg gemeinsam vorankommt, stärker zusammenwächst

00:22:45: und präventiv durch neue Dialogformate und Weiterbildungsveranstaltungen agiert.

00:22:50: Das Netz von ZTT bildet Vertrauen, weil es Einsatzkräfte ermutigt,

00:22:55: Konflikte in der eigenen Organisation anzusprechen.

00:22:58: So eine Beratungs- und Vermittlungsperson hat Thomas damals gefehlt.

00:23:03: Er beschreibt sich als Einzelkämpfer, der vom Rest der Einheit nachträglich

00:23:07: eher noch als Nestbeschmutzer definiert wurde.

00:23:10: Was hätte gegeben sein müssen, um ihn letztlich zu halten oder zurückzugewinnen, erklärt er deutlich.

00:23:16: An sich kann man sehr viel machen, Demokratiebildung und sich tolle Sätze

00:23:24: in die Verordnungen reinschreiben und wir teilen doch die freie demokratische Grundordnung.

00:23:30: Aber es fängt trotzdem ja damit an, dass jemand Positionen bezieht.

00:23:36: Es muss jemanden geben, der sagt, so geht es nicht.

00:23:40: Bei Chatgruppen im Speziellen ist natürlich noch die Gefahr,

00:23:46: die vielen nicht klar ist, wenn du dort Administrator bist oder Moderator bist in der Gruppe.

00:23:54: Dann hast du für die Inhalte auch eine gewisse Verantwortung.

00:23:58: Dann hast du dort zu moderieren, dann hast du dort einzuschreiten,

00:24:02: wenn Inhalte geteilt werden, die einfach die Grenzen verletzen.

00:24:08: Letztlich geht es um das Übernehmen von Verantwortung, das Zielen von Grenzen

00:24:13: und eine unmissverständliche Kommunikation hinsichtlich dieser roten Linien.

00:24:18: Die klare Abgrenzung hin zu extremistischen Tendenzen in Wehren

00:24:22: haben wir unter anderem in der Folge Demokratie-Stärkung betrachtet.

00:24:26: Sie kann jederzeit nachgehört werden.

00:24:28: An dieser Stelle soll Thomas Einzelfall nun noch einmal abstrahiert werden.

00:24:33: Klar ist, wenn sprachliche Äußerungen oder Inhalte in Chats strafrechtlich relevant sind,

00:24:39: zum Beispiel, weil sie Tatbestände wie Beleidigung, üble Nachrede oder Volksverhetzung erfüllen,

00:24:44: braucht es keine Tiefenanalyse darüber, was falsch läuft.

00:24:48: In diesen Fällen ist ein entscheidendes Einschreiten unumgänglich

00:24:52: und gegebenenfalls auch eine Entlassung aus dem Dienst und die strafrechtliche Verfolgung.

00:24:57: Eben dann, wenn extremistische Weltbilder so ideologisch verfestigt sind,

00:25:01: dass keine noch so klare Positionierung durchtrinkt.

00:25:04: Doch nicht immer liegen die Dinge so eindeutig.

00:25:07: In Einsatzorganisationen fallen manchmal problematische Sätze oder Witze,

00:25:12: zum Beispiel im Kontext einer Stresssituation im oder am Rande eines Einsatzes.

00:25:17: Das beispielsweise unausgewogene Geschlechterverhältnis kann zudem zu Dominanzdenken führen,

00:25:23: sodass Frauen und anderen Minderheiten schneller ein flapsiger Spruch entgegengebracht wird.

00:25:28: Auch zwischen verschiedenen Generationen und ihrer jeweils ganz eigenen Sozialisation und Sprachkultur

00:25:34: können Konflikte im Miteinander entstehen.

00:25:37: Wieder Zusammenhalt und das Vertrauen in Einheiten mit einer gewissen Sprachsensibilität einhergeht.

00:25:43: Darauf schauen wir jetzt.

00:25:45: Kommunikative Herausforderungen aktiv anzugehen ist für Einsatzorganisationen zunehmend wichtig.

00:25:52: Dabei ist Sprache mitunter eine unterschätzte Sozialkompetenz.

00:25:56: Ihre Funktion erstreckt sich weit über den reinen Informationsaustausch

00:26:00: und eine funktionierende Befehlskette im Einsatz.

00:26:03: Sie entscheidet, wie wir wahrnehmen, fühlen und Dinge weitergeben.

00:26:07: Zwischenmenschliche Kommunikation beeinflusst die tägliche Zusammenarbeit

00:26:11: und das soziale Gefüge innerhalb einer Einheit.

00:26:14: Sie sorgt im besten Fall dafür, dass Konflikte nicht zum Bruch führen,

00:26:18: sondern hält Menschen zusammen.

00:26:20: Gut zu kommunizieren ist dabei gar nicht so leicht,

00:26:23: denn Botschaften werden nicht immer gleich gesendet und verstanden.

00:26:27: Deshalb gibt Larissa Robinson Handlungsempfehlungen an Einsatzkräfte weiter.

00:26:32: Die Schauspielerin und Psychologin schuld Feuerwehrangehörige beim Institut UDT Fire & Rescue

00:26:39: in Kommunikationsfragen.

00:26:41: In ihren Workshops vermittelt sie Wissen rund um Sprache, Auftritt und Präsenz.

00:26:46: Und meist erklärt sie dabei ein grundlegendes Modell.

00:26:49: Das Kommunikationsquadrate ist Kommunikationspsychologen Friedemann Schulz von Thun.

00:26:54: Und auch an dieser Stelle könnte es für einen AHA-Effekt sorgen.

00:26:58: Es gibt immer einen Sender und einen Empfänger und auf dem Zwischenweg kann auf jeden Fall sehr viel passieren.

00:27:04: Meistens steht Interpretation im Weg.

00:27:07: Schulz von Thun, die vier Seiten einer Nachricht sind einfach, es gibt vom Sender

00:27:12: vier Seiten oder vier Bereiche, die er mit seinen Worten abdecken kann.

00:27:17: Es gibt die Sachebene, es gibt die Appellebene, die Beziehungsebene und die Selbstauskunft.

00:27:23: Und genauso kann man aber auch auf diesen vier verschiedenen Ohren hören als Empfänger.

00:27:29: Und das macht halt viel aus in der Kommunikation und auch mit den Worten, die man spricht.

00:27:36: Ich sage etwas vielleicht auf der Sachebene zu dir und du hörst es aber auf der Appellebene.

00:27:42: Dann habe ich Worte gesagt, eine Sprache benutzt, die du anders verstehst.

00:27:48: Und so redet man oft aneinander vorbei, missversteht sich.

00:27:53: Obwohl eigentlich gar kein Konflikt da ist, ist plötzlich einer da.

00:27:57: Und ich finde, das zeigt nochmal, wie wichtig Sprache einfach ist.

00:28:02: Nicht nur die Art, wie wir sprechen, ist subjektiv, sondern auch das, was wir mit Sprache wiedergeben.

00:28:09: Denn eine und die selbe Situation kann zum Beispiel ganz unterschiedlich wahrgenommen und dementsprechend unterschiedlich nacherzählt werden.

00:28:17: Diese individuelle Färbung resultiert aus diversen Einflüssen.

00:28:21: Dazu gehört zum Beispiel die eigene Sozialisierung, Erfahrungshorizonte, Prägungen, das Bildungsniveau.

00:28:27: Je mehr Perspektiven demnach in einer Organisation wie der Feuerwehr zusammenkommen,

00:28:32: umso anspruchsvoller können die kommunikativen Herausforderungen werden, erklärt Larissa Robinson.

00:28:38: Dabei werden durchaus auch mal Grenzen überschritten und beispielsweise ein Lachen zum Auslachen.

00:28:44: Genau solche Entwicklungen beeinträchtigen dann den Zusammenhalt im Team.

00:28:48: Ein Ansatz, um dieser Schwierigkeit praktisch zu begegnen, könnte ein stärkeres Bewusstsein für diskriminierungssensible Sprache in Einsatzorganisationen sein.

00:28:58: Im Jahr 2022 hatte in diesem Zusammenhang ein Schreiben der Zentralstelle für Prävention des LKA Berlin für Aufregung gesorgt.

00:29:07: Darin wurden Empfehlungen für einen diskriminierungssensiblen Sprachgebrauch gegeben.

00:29:12: Zum Beispiel wurde darauf hingewiesen, dass Einsatzkräfte, die Selbstbezeichnungen von Minderheiten nutzen sollten,

00:29:18: um nicht unbeabsichtigt verletzende oder diskriminierende Begriffe zu verwenden.

00:29:23: Für Larissa Robinson kommt es bei diesem Thema weniger auf ein verbindliches Regelwerk an,

00:29:29: sondern auf eine gewisse Aufmerksamkeit in der konkreten Situation.

00:29:33: Denn wie mit Sprache und Wahrnehmung verhält es sich ihrer Einschätzung nach auch mit der Bewertung von Grenzüberschreitungen.

00:29:40: Was der eine für angemessen hält, empfindet der andere schon als diskriminierend.

00:29:45: Deswegen glaube ich, es ist echt so ein, ja, auf Messer Schneide gehen.

00:29:51: Man muss echt aufpassen.

00:29:53: Es hat super viel mit dem Kontext zu tun, glaube ich, dass man immer darauf achten muss, wo befindet man sich gerade

00:29:59: und mit wem spricht man gerade und sich dann eben dementsprechend anzupassen

00:30:04: und für die momentane Situation zu sensibilisieren.

00:30:09: Mit Kontext und Achtsamkeit ist gemeint, potentiell verletzende Formulierungen zu meiden.

00:30:14: So redet es auch das Empfehlungsschreiben des LKA.

00:30:17: Ein Beispiel.

00:30:18: Statt die Begrifflichkeit "Flüchtling" zu wählen, ist es besser von Schutzsuchenden Menschen zu sprechen.

00:30:24: Um mehr geht es letztlich nicht.

00:30:26: Gerade beim Aspekt interkulturelle Öffnung, aber auch bei der Öffnung zum Beispiel gegenüber Menschen mit Behinderungen,

00:30:32: sollte das dazugehören.

00:30:34: Vor allem, weil Feuerwehr diese Gruppen verstärkt erreichen will.

00:30:37: Das haben die Gespräche mit vielen Expert*innen dieses Podcasts in den letzten Wochen immer wieder gezeigt.

00:30:43: Auch die Verwendung geschlechter gerechter Sprache kann ein Baustein hin zu mehr Gleichberechtigung und Vielfalt sein.

00:30:50: Zwar soll dieses große gesellschaftliche Streitthema an dieser Stelle nicht vertieft werden,

00:30:56: da es aus der gelebten Praxis von Feuerwehren ohnehin noch viel zu weit weg zu sein scheint,

00:31:01: aber ein essenzielles Argument soll doch genannt sein.

00:31:05: Untersuchungen belegen, dass die Verwendung geschlechter gerechter Sprache dazu beitragen kann,

00:31:10: dass Mädchen bzw. Frauen sich besser angesprochen fühlen und besser berücksichtigt werden.

00:31:16: In einer Studie mit Grundschulkindern zeigten sich Mädchen zum Beispiel eher bereit,

00:31:20: einen überwiegend männlich assoziierten Beruf zu wählen, wenn das Berufsbild geschlechterneutral formuliert wurde.

00:31:27: Das heißt etwa als Ingenieure*innen und Ingenieure oder Piloten und Pilot oder Feuerwehrmann und Feuerwehrfrau.

00:31:35: Allein diese Doppelnennung öffnet Sprache und schließt Menschen ein, die sich sonst einfach mit gemeint fühlen sollen.

00:31:41: Das muss aber vielleicht gar nicht tun. Aus ihrer Erfahrung und dem Gespräch mit vielen Einsatzkräften,

00:31:47: seien laut Larissa Robinson geschlechtergerechte Sprache oder problematische Begriffe eigentlich kein Thema das Beratungsbedarf schafft.

00:31:55: In ihren Workshops habe hingegen ein ganz anderer Komplex Priorität.

00:32:00: Unsensibles Sprüche, Sarkasmus und Zynismus und Witze unterhalb der Gürtellinie.

00:32:06: Das Thema humor begegnet mir bei der Feuerwehr sehr oft.

00:32:10: Wenn ich jetzt gerade mal so überlege, wirklich oft den Thema zwischen Mann und Frau,

00:32:15: das ist das, was da am häufigsten angesprochen wird.

00:32:19: Wir kennen das alle. Ich bin blond. Ich darf das sagen.

00:32:22: Blondinen, Witze sind in meiner Kindheit und Jugend gang und gäbe gewesen.

00:32:29: So wie mir das begegnet, ist es anscheinend bei der Feuerwehr so, dass da halt auch Frauenwitze gemacht werden.

00:32:35: Oder irgendwie mal ein dummer Spruch oder sowas.

00:32:38: Und das finden halt nicht alle Frauen so toll.

00:32:41: Manche teilen vielleicht den Humor, andere nicht.

00:32:44: Aber wenn man dann was dagegen sagt, dann ist man natürlich sofort die Zicke oder stellt sich an oder ja.

00:32:51: Ob sich hinter diesem Verhalten eine bewusste Herabsetzung verbirgt

00:32:55: und mit unangebrachten Sprüchen auch Hierarchien definiert werden, möglich.

00:32:59: Denn auch das kann Sprache. Plätze zuweisen und Positionen in einem zwischenmenschlichen Gefüge definieren.

00:33:06: Nicht immer mag das bewusst forciert sein. Manchmal jedoch schon.

00:33:10: Das legt ein Beispiel aus der Schrift "Mädchen und Frauen bei der Feuerwehr nah"

00:33:14: die 2007 als gemeinsames Projekt des Bundesinnenministeriums und des Deutschen Feuerwehrverband veröffentlicht wurde.

00:33:21: Darin schildert eine Frau im Interview sinngemäß diese Szene.

00:33:25: Unser Landesfeuerwehrverbandspräsident hält eine Rede und schließt sie mit einem Frauenwitz ab.

00:33:31: Das ist ihm in den letzten vier Wochen zweimal passiert.

00:33:34: Was soll ich denn dazu sagen?

00:33:36: Da ist man natürlich in der Zwickmühle.

00:33:39: Ich wäre geneigt aufzustehen und zu sagen, was ihm eigentlich einfällt.

00:33:43: Was er denn für ein Idiot ist, dass er vor so vielen Leuten solche dämlichen Witze loslässt.

00:33:48: Aber nein.

00:33:49: Weil wenn ich da jetzt aufstehe, mache ich mich auch lächerlich, weil da sitzen eh fast nur Männer.

00:33:54: Also das sind so Dinge, da hat man als Frau wirklich ein Problem.

00:33:58: Humor ist, wenn man trotzdem lacht? Nein, wirklich nicht.

00:34:03: Denn auch hier greift das gleiche Prinzip wie im Fallbeispiel von Thomas.

00:34:07: Diskriminierung wird durch vermeintliche Scherze normalisiert.

00:34:11: Das trägt eben nicht zum Gemeinschaftsgefühl bei und behindert, dass sich echtes Vertrauen untereinander bildet.

00:34:17: Gerade in Sachen Humor vorlaufen Geschmacksgrenzen unterschiedlich, meint dazu Larissa Robinson.

00:34:23: Was es daher brauche, sei eine Sensibilität für das Gegenüber.

00:34:27: Das bedeutet auch auf den Herrenwitz einfach mal zu verzichten.

00:34:31: Um anderen Menschen, das heißt Frauen, den Zugang zu erleichtern.

00:34:35: Sie willkommen zu heißen und nicht vor den Kopf zu stoßen.

00:34:39: Ein Problem des Menschen ist es, dass man sehr schnell unterstellt oder davon ausgeht automatisch.

00:34:46: Du tippst genau wie ich.

00:34:48: Und dann mache ich vielleicht einen Witz, weil ich denke, die ist hier in der Feuerwehr.

00:34:52: Die ist von meinem Schlag Mensch, die tickt genau wie ich. Die wird das witzig finden.

00:34:56: Unterstelle ich der anderen Person ohne mich gefragt zu haben, ob sie überhaupt so tickt und den gleichen Humor hat.

00:35:04: Und dann einfach so einen Spruch anzubringen, ohne sich vorher mal abgetastet zu haben, sage ich jetzt mal.

00:35:10: Kann halt eben genau zu diesen Konflikten führen.

00:35:13: Da kann man dann einfach eben drüber nachdenken, wie kann man das denn jetzt zum Beispiel ansprechen,

00:35:19: damit man trotzdem ein Weg in die Gruppe findet und nicht dann als Außenseiterin immer alleine da sitzt.

00:35:24: Weil man in dem Moment jetzt gesagt hat, was bist du für ein Dab?

00:35:28: Zwischen alteingesessenen und jungen Einsatzkräften können es ähnliche Reibungen geben.

00:35:33: Aufgrund von unterschiedlichen Erfahrungshorizonten oder einer anderen Sprachkultur.

00:35:38: Zum Beispiel heißt es dann, das verstehst du eh nicht, dafür bist du noch zu jung.

00:35:43: Oder andersherum, der oder diejenige ist dafür einfach zu alt.

00:35:47: Was da kurzerhand für einen Lacher sorgt, kann beim Gegenüber ein ungutes Gefühl hinterlassen.

00:35:53: In diesen Fällen, je nach Situation zu entscheiden, nennt Larissa Robinson unheimlich wichtig, wenn auch schwierig.

00:35:59: Denn Humor erfüllt in Einsatzorganisationen eine wichtige Funktion.

00:36:04: Er schweißt nicht nur zusammen und schafft Vertrauen, Humor funktioniere im Notfall zudem wie ein Schutzschild,

00:36:10: um Stress belastende Bilder und Emotionen zu verarbeiten.

00:36:14: Wenn dabei persönliche Geschmackskränzen verletzt werden,

00:36:17: red Larissa Robinson diese Gefühle zu einem passenden Zeitpunkt in einem ruhigen Moment zu artikulieren.

00:36:24: Dabei sei es wichtig, Ich-Botschaften zu kommunizieren.

00:36:27: Das heißt, ich fühle mich nicht gut, wenn du diese Witze machst, das verletzt mich.

00:36:32: Kannst du diese Witze bitte nicht in meiner Gegenwart machen?

00:36:36: So wird dem Gegenüber nicht die Kompensationsmöglichkeit genommen, aber die persönliche Grenze ist gezogen.

00:36:42: Und für den Fall, dass der Mut fehlt, das direkte Gespräch zu suchen, auch dafür hat Larissa Robinson einen Rat.

00:36:49: Wenn es solche Situationen gibt, in denen ich mich mit der Sprache oder dem Humor oder irgendwelchen Dingen, die passieren, unwohl fühle,

00:36:57: ist mein Tipp nicht, sich schweigend zurückzuziehen, aber eben genau darüber nachzudenken, wann möchte ich es ansprechen und wie, bei wem und wo.

00:37:09: Weil natürlich kostet das schon auch irgendwie Mut und Kraft zu sagen, ich stehe jetzt auf dagegen und sage etwas.

00:37:18: Und ich glaube, dass es von Vorteil sein kann, sich ein Netzwerk zu schaffen dafür.

00:37:26: Einfach mal so ein bisschen die Fühler auszustrecken und die Ohren auch zu sperren.

00:37:30: Wer hier bei mir in der Wehrticknen so ähnlich hat noch jemand irgendwie ein Problem damit?

00:37:35: Gibt es noch andere, die sich unwohl fühlen und sich dann einfach so ein bisschen zusammen zu tun, damit man sich darüber vielleicht auch austauschen kann?

00:37:43: Was wollen wir denn sagen, womit genau fühlen wir uns denn unwohl?

00:37:47: Das Kommunikation keiner Einbahnstraße ist, versteht sich von selbst.

00:37:51: Auch Führungskräften kommen eine wichtige Rolle zu, um eine Sprechfähigkeit im Team zu fördern.

00:37:56: Das heißt, ein Klima zu schaffen, in dem Mitglieder die Sicherheit empfinden, unangenehme Dinge anzusprechen.

00:38:03: Menschen mit personeller Verantwortung empfiehlt sie deshalb, sich direkt von der Gruppe evaluieren, also beurteilen zu lassen.

00:38:10: Und ihre Aufmerksamkeit gerade auf diejenigen zu richten, die vielleicht nicht unbedingt im Zentrum ihrer Wahrnehmung sind.

00:38:17: Mein Tipp an Führungskräfte wähle tatsächlich, Minderheiten ernst zu nehmen und zuzuhören, weil es einfach wichtig ist,

00:38:27: wenn man sich irgendwie mal ein Feedback von der Wehr einholt, zum Beispiel findet ihr das Thema Sprache,

00:38:31: es ist ein wichtiges für uns und Sensibilisierung und so was, kann man allein schon von dem Feedback oft was ableiten.

00:38:38: Habe ich jetzt irgendwie 80% die sagen, ach so ein Quatsch, das brauchen wir nicht.

00:38:44: Und 20% die sagen, ja, sollten wir vielleicht mal drauf gucken, dann sollte man dringend anfangen, sich dabei zu beschäftigen.

00:38:50: Weil diese 80% die sagen ach so ein Quatsch, das brauchen wir nicht.

00:38:54: Die sind da wahrscheinlich die, die auch mal einen dummen Spruch machen und mal einen Witz, der nicht angemessen ist.

00:39:01: Und die Minderheiten sind halt dann meistens die, die sich unwohl fühlen.

00:39:05: Führungspersonen brauchen zudem eine Klarheit in der Sprache.

00:39:09: Statt Floskeln müssen eindeutige Botschaften gesendet werden, zum Beispiel wenn es um übergriffiges Verhalten oder Rassismus geht.

00:39:17: Wenn sie Stellung beziehen, wirkt sich das auf das Vertrauen und die Motivation von Mitgliedern aus, denn diese fühlen sich dann ernst genommen mit ihren Anliegen.

00:39:25: Es erhöht ihre Identifikation mit der Sache.

00:39:28: Der aufmerksame Umgang mit Sprache stabilisiert und verbessert damit die Beziehungsebene zwischen den Mitgliedern und Missverständnisse werden reduziert.

00:39:37: Kurzum, gute Kommunikation lässt sich nicht von oben verordnen, sondern muss kollektiv ausgehandelt werden.

00:39:43: Damit eben nicht Eindrücke entstehen, die aus gesamtgesellschaftlichen Debatten bekannt sind.

00:39:48: Nach dem Motto "Jetzt darf man gar nichts mehr sagen".

00:39:51: Es geht bei der Auseinandersetzung mit Sprache nicht um Verbote, sondern darum, dass sich alle mitgenommen fühlen,

00:39:57: keiner außen vorbleibt oder für einen schnellen Lacher herhalten muss.

00:40:01: Diese Idee auf Einsatzorganisationen zu übertragen, ist für die Politologin Anne-Sophie Susan eine echte Herausforderung,

00:40:08: gerade wenn es darum geht, verschiedene Interessen zu berücksichtigen.

00:40:12: Als Leiterin des mobilen Beratungsteams Berlin für Demokratieentwicklung, das von der Stiftung SPI getragen wird,

00:40:19: hat sie mit einem Kollegen über einen längeren Zeitraum verschiedene Dienstgruppen der Berliner Polizei begleitet

00:40:25: und den Umgang mit interner und externer Vielfalt reflektiert.

00:40:29: Dabei ging es auch um Sprache.

00:40:31: Und auch in anderen Beratungszusammenhängen schult sie Teams in sensibler Kommunikation.

00:40:36: Um einen Zugang zum Thema zu schaffen, integriert Anne-Sophie Susan eine Übung in ihre Workshops,

00:40:43: angelehnt an die Publikation "Eine Frage der Moral" von Anatol Stefanowicz.

00:40:48: Wobei es darum geht, erklärt die Beraterin genauer.

00:40:51: Da hat dann, sozusagen, jeder eine Karte auf seinem Sitzplatz liegen.

00:40:56: Und wenn ich zum Beispiel die Orange Karte habe, soll ich mir Alternativbegriffe für Männer, Heteros,

00:41:03: Weiße und Deutsche überlegen.

00:41:06: Und die, die die blaue Karte haben, also das ist immer abwechselnd gelegt,

00:41:09: auf den Sitzplätzen überlegen sich halt analog Alternativbegriffe für Frauen,

00:41:14: Homosexuelle, Schwarze und Migranten zum Beispiel.

00:41:19: Und schreiben sich das kurz auf und dann fragen wir hinterher,

00:41:22: und wie viele Begriffe sind euch so eingefallen?

00:41:24: Und es kommt immer, ja, das sozusagen für weiße, deutsche Heteromeller,

00:41:29: Männer gibt es relativ wenig Alternativbegriffe.

00:41:33: Für die anderen Gruppen gibt es sehr viele und meistens sind die auch eher abwertend.

00:41:37: Und daran kann man ganz schön zeigen, wie sehr sozusagen Diskriminierung auch in unserer Sprache schon verwoben ist

00:41:45: und wie sehr wir da reinsozialisiert sind und dass wir all diese Begriffe leider auch in uns haben

00:41:50: und dass die da sind, dass die existent sind.

00:41:52: Die Politologin möchte ein Angebot zur Auseinandersetzung mit Sprache machen.

00:41:57: Sie lädt dazu ein, Dinge zu reflektieren und praxisbezogen zu arbeiten.

00:42:01: In jedem Fall müsse es darum gehen, das Positive zu stärken, als Tabus zu definieren.

00:42:07: Gerade im Bezug auf Einsatzorganisationen nennt sie das einen wichtigen Ansatz.

00:42:12: Den Moment wo die in der Uniform sind, das hat ja auch Sinn und Zweck,

00:42:16: sozusagen die zu uniformierend vereinheitlichen zu homogenisieren.

00:42:20: Und das ist natürlich schon auch ein starker Druck in solchen Organisationen.

00:42:24: Und dem steht ja sozusagen so ein Diversitätsprinzip erst einmal auch ein bisschen entgegen,

00:42:30: also rein von der Organisationskultur.

00:42:33: Aber nichtsdestotrotz kann man ja auch so drehen und das mache ich auch ganz gerne,

00:42:38: dass ich nicht von Diskriminierungsfreier Sprache rede, sondern von Inklusionsorientierter.

00:42:44: Das ist jetzt auch wieder so ein Fachbegriff und jetzt auch wieder ein bisschen akademisch.

00:42:47: Aber es ändert vielleicht doch nochmal die Perspektive zu sagen,

00:42:51: bemüht euch doch alle darum, um eine wertschätzende und einschließende Sprache.

00:42:57: Das betrifft auch das Thema Humor.

00:43:00: Für Ann-Sophie Susan ist es gar nicht so schwierig, eine verbindliche Grenze zu ziehen,

00:43:04: auf die sich alle einigen sollten.

00:43:06: Eigentlich sei dafür nur eine Frage relevant.

00:43:09: Gegen wen richtet sich der Witz?

00:43:12: Ich finde so ein ganz guter Merksatz ist immer, geht es sozusagen gegen Schwächere,

00:43:17: ist es auf Augenhöhe oder geht es gegen Stärkere?

00:43:20: Ja, gerade so auch bei dem Bereich Humor oder mal so einen schnellen Spruch.

00:43:24: Weil wenn es sozusagen sich gegen Schwäche richtet, dann wird es oft Sport.

00:43:28: Und der Sport ist meistens nicht weit vom Vorurteil und dann auch von der Diskriminierung.

00:43:35: Vielleicht hilft es diesen Rat beim nächsten Einsatz, der nächsten Übung,

00:43:39: der nächsten Nachricht im Feuerwehr-Chat im Hinterkopf zu haben.

00:43:43: Und vielleicht inspiriert die Geschichte von Thomas nicht mehr wegzuschauen,

00:43:46: wenn Grenzüberschreitungen geschehen.

00:43:49: Gleichgesinnte zu suchen und Dinge im richtigen Moment anzusprechen,

00:43:53: das raten alle Expert*innen, die dieser Folge von Zukunft 112 ihre Stimme geliehen haben.

00:43:59: Sie haben gezeigt, dass vermeintliche Humorkultur in Feuerwehren diskutiert werden muss.

00:44:04: Der reflektierte und kritische Umgang ist dabei ein wichtiges Instrument,

00:44:09: um Diskriminierung, Radikalisierung und Extremismus entgegenzuwirken

00:44:14: und sich von problematischen Positionen abzukränzen.

00:44:17: Was es dafür braucht, ist eine klare, unmissverständliche und inklusive Sprache.

00:44:23: Sie setzt nicht nur nach innen ein Zeichen für Vielfalt und Offenheit,

00:44:27: sondern hat vor allem auch Signalwirkung nach außen.

00:44:31: [Musik]

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