Frauenförderung (2)

Shownotes

Der Kosmos Feuerwehr wurde in der Vergangenheit und ist bis heute immer noch durch Männer geprägt. Bereits seit 20 Jahren steht Gender-Mainstreaming - also die aktive Gleichstellung der Geschlechter - auf der Agenda des Deutschen Feuerwehrverbands. Und ein kontinuierlicher Aufwärtstrend ist über die Jahre hinweg tatsächlich zu beobachten. Dennoch bleibt mit etwas über 10,5 Prozent Frauen in Freiwilligen Wehren nach wie vor Luft nach oben.

In dieser Folge von "Zukunft 112. Zusammenhalt in der Feuerwehr" geht es deshalb darum, wie strukturelle Barrieren und die meist immer noch anzutreffende männliche Monokultur überwunden werden können. Auf diesem Weg bringen Frauen selbst die Einsatzorganisation entscheidend voran: Sie knüpfen Netzwerke, werden zunehmend laut, um in gewisse Positionen zu kommen und übernehmen Verantwortung. Egal, ob im Hauptamt oder in der Freiwilligen Feuerwehr.

Im Gespräch mit aktiven Feuerwehr-Frauen, aber auch wissenschaftlicher Perspektive wird skizziert, was es braucht, um Frauen zu ermutigen, zu fördern und sie dauerhaft für die Wehr zu gewinnen und zu halten.

Transparenz

In dieser Episode kommen folgende Gesprächspartnerinnen zu Wort:

Ilona Horwath, Universität Paderborn, Fakultät für Maschinenbau / Technik und Diversität

Birgit Kill, Feuerwehr Essen, Frauenbeauftragte im Deutschen Feuerwehrverband

Steffi Heidel, Demokratieberaterin im Rahmen des Programms "Zusammenhalt durch Teilhabe" im Landesfeuerwehrverband Thüringen e.V.

Tanja Schmitz, Berufsfeuerwehr Bremen, Frauenbeauftragte

In dieser Podcast-Episode geht es um die statistische Entwicklung der Beteiligung von Frauen in der Einsatzorganisation und das im Leitsatz des Deutschen Feuerwehrverbands verankerte Prinzip des Gender-Mainstreamings.

Zudem werden Studienergebnisse des Projekts "FORTESY – Organisation, Technik, Diversität: Neue Ansätze für Sicherheit, Effizienz und soziale Integration im Feuerwehrwesen" der Universität Paderborn besprochen.

Verwiesen wird auch auf einen Beitrag über eine Freiwillige Wehr mit über 50 Prozent weiblicher Beteiligung und eine Umfrage des Branchenmediums Feuerwehr-Magazin, die auf diesem Weg die weiblichste Wehr Deutschlands ermitteln wollte.

Zudem werden Befunde der Forschungsreihe "Mädchen und Frauen bei der Feuerwehr" angeführt.

Im Kontext der Berufsfeuerwehr Bremen wird darüber hinaus ein Vorfall von Mobbing und rassistischer Diskriminierung einer Feuerwehr-Frau thematisiert sowie auf die dezidierte Aufarbeitung dieses Falls eingegangen.

Dieser Podcast wird gefördert durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat im Rahmen des Bundesprogramms "Zusammenhalt durch Teilhabe (ZdT)". Die im Bundesprogramm geförderten Projekte der Landesfeuerwehrverbände Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben die Produktion inhaltlich beraten. Seit Februar 2024 hat sich die Zahl der durch ZdT geförderten Projekte von elf auf zehn reduziert, deswegen ist in den ersten Folgen noch von Projekten in elf Landesverbänden die Rede.

Transkript anzeigen

00:00:00: In diesem Podcast sprechen wir über die Feuerwehr. Aber wir sind anders. Hier geht es nicht um

00:00:12: Blaulichtalltag und Rettungsaktionen. Wir wollen ins Innere der Organisation schauen und fragen,

00:00:17: was hält Feuerwehr zusammen? Warum das wichtig ist? Ganz einfach. Feuerwehr ist Daseinsvorsorge und

00:00:24: geht uns deshalb alle an. Wenn polarisierende Debatten und Krise um Krise das Meinungsklima

00:00:29: verschärfen, schlägt sich das auch in Feuerwehren nieder und Konflikte sind vorprogrammiert. Dann

00:00:34: geht es darum, Spaltung und Vereinahmung zu verhindern und demokratische Grundwerte zu fördern. Wie

00:00:39: das gelingen kann, wollen wir die Fragen, die praktisch daran arbeiten. Du hörst Zukunft 112,

00:00:45: Zusammenhalt in der Feuerwehr. Dieser Podcast ist im Rahmen des Bundesprogramms Zusammenhalt durch

00:00:51: Teilhabe entstanden. Ein Programm des Bundesinnenministeriums und der Bundeszentrale für

00:00:56: politische Bildung. Dieses macht es sich zur Aufgabe, das demokratische Miteinander in Vereinen

00:01:02: und Verbänden zu stärken und Projekte gegen diskriminierendes und demokratiefeindliches

00:01:07: Verhalten zu unterstützen. In dieser zweiten Folge wollen wir über einen Teil der Feuerwehr sprechen,

00:01:12: der weiter wachsen soll, den Anteil der Frauen. Welche Hürden dafür genommen werden müssen und

00:01:18: wie Best Practices im ganzen Land aussehen? Darum geht es jetzt. Ich habe ein Problem,

00:01:26: wenn dann einer kommt, ist das nicht ein bisschen schwer für euch? Nee, ist es nicht. Ich komme

00:01:32: als Maschinistin wieder zurückgefahren in die Halle und wir müssen ja immer die Autos am Strom

00:01:37: halten und dann haben wir so große Steckart. Macht einer von den Jungs die Tür auf, guckt mich an

00:01:41: und sagt, ich habe ihn schon mal reingesteckt. Hast du es auch gemerkt? Was ich vor Kurzem gehört

00:01:47: hat von einer Frau, die im Lehrgang war, sie sagt, sie ist ganz normal mit ihrer Klasse und ein

00:01:52: Ausbilder kam rein und sagte, Mensch, jetzt ist hier im Lehrgang eine Frau, dann muss ich dich ja

00:01:58: jetzt besonders oft dran nehmen. Ich habe einige Feuerwehrfrauen getroffen, die bei der Nachbarfeuerwehr,

00:02:04: beispielsweise in den Ort eingetreten sind, die schon gewusst haben, in ihrem Ort,

00:02:08: die akzeptieren keine Frauen. Das sind vier Perspektiven auf Feuerwehr, die vom Frausein in

00:02:14: einer immer noch männlich geprägten Domäne berichten. Es sei gleich vorweg gesagt,

00:02:18: die Gesprächspartnerinnen der nächsten Minuten blicken positiv und enthousiastisch auf die

00:02:23: Organisation Feuerwehr. Das liegt daran, dass sie selbst freiwillig engagiert oder beruflich

00:02:28: aktiv sind. Mit einer Ausnahme. Eine von ihnen erforscht die Institution, doch dazu gleich

00:02:34: mehr. Was all ihre Erzählungen deutlich machen, wenn es um Frauen in der Feuerwehr geht, gibt es

00:02:39: im Einsatzalltag Situationen, die Gesprächsbedarf schaffen. Seien es fragwürdige Gespräche oder

00:02:44: überholte Klischees, Ungleichbehandlung oder unbewusste, manchmal vielleicht auch unbeabsichtigte

00:02:50: Diskriminierung. Frauenförderung scheint eine strukturelle Herausforderung. Bekannt ist das

00:02:55: schon lange. Frauenförderung steht seit 20 Jahren auf der Agenda des Deutschen Feuerwehrverbandes,

00:03:01: kurz DFV. Bereits 2003 wurde hier Gender Mainstreaming als Leitprinzip der verbandlichen Arbeit

00:03:07: verankert. Das bedeutet, dass die Gleichstellung der Geschlechter aktiv gefördert wird. Die

00:03:13: Kampagne Frauen am Zug sollte 2005 den Stein dafür ins Rollen bringen und mehr Frauen für den

00:03:18: Dienst gewinnen. Damals gab es rund 71.000 aktive Frauen in freiwilligen Feuerwehren. Bundesweit

00:03:25: ein Anteil von 6 Prozent. Ziel war es, diese Zahl langfristig zu verdoppeln. Was ist also in den

00:03:31: letzten 18 Jahren passiert? Der Trend ist klar. Es gibt eine eindeutig positive Entwicklung. Nach

00:03:37: den aktuellsten Zahlen des DFV von 2021 sind knapp 109.700 Frauen ehrenamtlich in Feuerwehren

00:03:45: aktiv. Das entspricht 10,8 Prozent. Die Verdopplung ist also fast erreicht. Es ist nicht nur die logische

00:03:52: Konsequenz über 50 Prozent der Gesellschaft, die eben Frauen sind, in Wehren abzubilden. Es gibt

00:03:58: auch existenzielle Gründe, denn die Mitgliederstabilität ist eine immer aktuelle Frage. In der ersten

00:04:04: Folge dieses Podcasts haben wir diesen Aspekt ausführlicher behandelt. Wie dringlich es ist,

00:04:08: Feuerwehrfrauen zu gewinnen, beobachtet unter anderem Ilona Horwart. An der Universität

00:04:13: Paderborn und der Fakultät für Maschinenbau leitet es sie bis 2021 ein Projekt, das Organisation,

00:04:20: Technik und Diversität im Bezug auf Feuerwehr erforschte. Es ging um Sicherheit, Effizienz und

00:04:26: soziale Integration im Feuerwehrwesen. Die Öffnung für Minderheiten, darunter Frauen, aber beispielsweise

00:04:31: auch migrantischer Zielgruppen, beschreibt Ilona Horwart als schlechte Notwendigkeit. Die Relevanz

00:04:37: jetzt beispielsweise für die freiwilligen Feuerwehren ergibt sich ja auch durch den

00:04:41: gesellschaftlichen Strukturwandel, die demografische Entwicklung, die Pluralisierung von Lebensverhältnissen,

00:04:47: dann auch Veränderungen in der Berufswelt bzw. in der Organisation des Erwerbslebens. Also all das

00:04:54: bringt ja auch diese traditionellen Mitgliedschaftsmodelle an ihre Grenzen. Und wenn man so ein

00:05:00: bisschen Blick in die Statistik wirft, dann ist es schon klar, also synchroner Mitgliederstand steigendes

00:05:06: Einsatz aufkommen und es wird nochmal zunehmen auch mit den Folgen des Klimawandels, das große

00:05:13: Einsätze zunehmen werden Waldbrände, Überflutungen und so weiter. Und insofern ist es für die

00:05:19: freiwilligen Feuerwehren ein großes und ganz ganz wichtiges und auch die Zukunft entscheidendes

00:05:23: Thema und eben auch für die Gesellschaften, weil wir sind ja auf diese Organisationen angewiesen.

00:05:28: Obwohl ihre Analyse klar ist, es braucht mehr Frauen für eine zukunfts- und einsatzfähige

00:05:34: Feuerwehr, ist das Forschungsfeld laut der Wissenschaftlerin von starken Widersprüchen

00:05:38: geprägt. Auf der einen Seite seien da unheimlich engagierte Feuerwehrkräfte, die mit viel Herz

00:05:44: für eine Eröffnung ihrer Wehr eintreten. Andererseits schildert die Professoren aber auch überraschende

00:05:49: Widerstände. Diese Paradoxin beschreibt Ylona Horwart übrigens als ganz normalen Vorgang in

00:05:55: Inklusionsprozessen. Deswegen sei Inklusion allein mit der Aufnahme neuer Mitglieder nicht erledigt,

00:06:00: sondern beginne erst an diesem Punkt. Was es dann braucht, sei ein funktionierendes Management.

00:06:05: Es gibt sehr viel Engagement. Von daher ist es so wichtig, dass das in der Organisation unterstützt

00:06:11: wird, den Willen und die Offenheit der Feuerwehrleute auf andere zuzugehen, sie dann nicht auflaufen

00:06:16: zu lassen, sondern hier wirklich auch entsprechend den Rücken zu stärken. Und dafür muss man eben

00:06:22: auch Organisationsstrukturen aufbauen oder verändern. Und das sind eben genau, ich sage mal,

00:06:27: jene Strukturen, die halt dazu führen, dass diese Gruppen bisher fehlen. Teilweise herrschen in

00:06:32: Wehren eine eingesporene Sozialdynamik, die es neuen Schwermacher erklärt sie. Da dominiert

00:06:38: dann das Gefühl, sich beweisen, sich hocharbeiten zu müssen. Der Anpassungsdruck ist enorm und kann

00:06:43: mitunter den Spaß an der Sache überwiegen. Teilweise gibt es bei freiwilligen Feuerwehren auch immer

00:06:48: noch Satzungen, die einfach keine Frauen vorsehen. Diese müssen dann erst abgeändert werden, um eine

00:06:54: Öffnung in der Praxis überhaupt anzustoßen. Dass Frauen immer noch unterrepräsentiert sind,

00:06:59: ist eine über Jahrhunderte gewachsene Struktur. Ilona Horwart verwendet dafür den Begriff "Homo

00:07:04: Sozialität". Das bedeutet, dass Mitglieder in Organisationen sich in wesentlichen Merkmalen

00:07:11: ähnlich oder gleich sind. Das kann jetzt beispielsweise das Alter sein, der Ausbildungshintergrund,

00:07:16: die Hautfarbe der Bildungsstand und die Homosozialität in der Feuerwehr besteht eben sehr stark,

00:07:22: sozusagen in der Männlichkeit traditionell betrachtet. Wobei in der Feuerwehr es sich

00:07:28: definitiv sagen, dass es immer Frauen gegeben hat, die sich da beteiligt haben, dass die auch

00:07:33: teilweise ganz aktiv rekrutiert wurden, also beispielsweise in Kriegszeiten Frauenfeuerwehren

00:07:39: auch aufgestellt wurden. Es gibt historische Beispiele von Feuerwehren im nonnen Kloster.

00:07:45: Also es ist jetzt nicht so, dass die Frauen im Feuerwehrwesen nicht beteiligt gewesen

00:07:51: wären oder sich da auch nicht aktiv eingebracht hätten. Aber homosozial im Sinne der Norm,

00:07:58: das was also normal betrachtet wird und das was auch die Mehrheit darstellt, ist halt in der Feuerwehr

00:08:05: ganz stark, sozusagen männlich geprägt. In der Folge könne steigende Diversität in

00:08:11: homosozialen Gruppen echter Abwehrreaktion hervorrufen. Ausprägungen, die man in der Feuerwehr

00:08:17: dazu beobachten kann, sind halt solche Exklusionspraktiken wie Austrittstrohungen oder

00:08:22: Kommunikationsverweigerung oder fehlende Unterstützung, mangelhafte Instruktionen,

00:08:28: erschwerter Zugang zu Ausbildungen und Funktionen, chronische Abwertungsderhautipisierung,

00:08:33: also das sieht man aus internationalen Studien und ist auch in Deutschland beobachbar.

00:08:39: Was Ilona Horwart hier schildert, sind Feuerwehrinternefaktoren, die bei Frauenförderung

00:08:44: eine Rolle spielen. Einige dieser Aspekte sollen jetzt genauer beleuchtet werden. Am Anfang stehen

00:08:49: die Klischees. Frauen schwach, Männer stark. Diese Vorstellung sei bei vielen Einsatzkräften

00:08:54: noch immer anzutreffen, so Ilona Horwart. Daraus folge ein gewisses Misstrauen in die

00:08:59: Fähigkeiten von Kameradinnen oder die Festlegungen auf vermeintliche Stärken. Frauen kommunizieren

00:09:04: gern und viel, also werden sie Funkerinnen. Der Deutsche Feuerwehrverband hat Stereotype

00:09:10: wie diese zu Beginn der Kampagne Frauen am Zug satirisch aufgespießt. Auf Werbeplakaten

00:09:15: sah das dann so aus. Vor einem Feuerwehrauto stehen vier Frauen unterschiedlichen Alters.

00:09:20: Sie machen freundlich entschlossene Gesichter, wollen offenbar sagen, wir packen an, wir

00:09:24: machen. Über ihren Köpfen prangt ein Slogan. Frauen an den Herd. In roter Signalfarbe ist

00:09:30: das Wirtchen Brand eingeklinkt. Also Frauen an den Brandherd. Und ein anderes Beispiel

00:09:36: auf einem Posterformat, Frauen sind zu schwach und hinten angestellt, vertreten. Ob diese

00:09:42: Form der Ansprache nun Wahrheiten mit Witz benannt oder eher Klischees reproduziert,

00:09:46: ist wohl Geschmackssache. Zweifelsfrei liegt aber der Finger in der Wunde. Das zeigen

00:09:51: beispielsweise auch Kommentare auf YouTube, die sich unter einem kurzen Fernsehbeitrag

00:09:55: sammeln. Es geht um eine Feuerwehr im Dorf Speintal in Oberfranken. Hier liegt die Frauenquote

00:10:00: der zugegebenermaßen kleinen Wehr mit 34 Mitgliedern bei stolzen 55 Prozent. Unter den überwiegend

00:10:07: anerkennenden Kommentaren finden sich auch folgende Beiträge.

00:10:11: Und wer hebt jetzt Schere und Spreize auf Dachhöhe, um die Fahrzeugzöllen durchzutrennen,

00:10:17: wenn ich eingeklemmt im Auto sitze und nicht mehr atmen kann? Kein Fan. Nachdem man gesehen

00:10:23: hat, dass Feuerwehrfrauen oft keine Türen eintreten können, was für die Männer kein

00:10:27: Problem war. Vorurteilen wie diesen mag Birgit Kil schon das ein oder andere Mal in ihrem

00:10:33: Leben begegnet sein. In der freiwilligen Feuerwehressen ist sie als Gruppenführerin aktiv. 2014

00:10:38: stieß sie als Quereinsteigerin zur sogenannten Blaulichtfamilie. Im Uni-Klinikum Marburg,

00:10:44: wo sie damals als OP-Schwester tätig war, musste eine Werkfeuerwehr errichtet werden.

00:10:48: Das hat erst Birgit Kil's Interesse und später eine echte Leidenschaft geweckt. Seit 2018

00:10:54: arbeitet sie nun als Projektkoordinatorin Frauen in der Feuerwehr beim Verband der Feuerwehren

00:10:59: in Nordrhein-Westfalen. Außerdem gründete sie das Netzwerk Florentine NRW und leitet zusätzlich

00:11:05: im Deutschen Feuerwehrverband den Fachbereich Frauen. Für ihre Belange setzte sie sich in

00:11:10: all diesen Positionen laut und durchaus auch mal provokativ ein, wie sie sagt. Warum? Weil sie

00:11:16: endlich eine Gleichstellung der Geschlechter erreichen will. Das bedeutet auch, mit Stereotypen

00:11:21: Vorstellungen aufzuräumen. Es ist natürlich so, dass die Wahrnehmung von Feuerwehrfrauen und Feuerwehr

00:11:26: Männern einfach eine völlig unterschiedliche ist. Der Feuerwehrmann ist ja grundsätzlich immer

00:11:31: stark. Der ist 1,85 Meter durchtrainiert, Sixpack und wir Frauen sind ja viel kleiner, also wir sind

00:11:38: 1,60 Meter und wiegen alle nur 50 Kilo. Und man traut uns an vielen Stellen diese Arbeiten einfach

00:11:43: nicht zu. Unsere Kinder dürfen wir durch die Gegend fahren, aber wir dürfen keine großen roten Autos

00:11:48: fahren. Da leben wir im 18. Jahrhundert. Das ist einfach so. Sie selbst hat den Lkw Führerschein

00:11:54: gemacht und kann auch die Drehleiter fahren. Sie sei extrovertiert genug gewesen, um den

00:11:58: Führerschein zu bekommen bzw. ihn einzufordern, sagt sie. Denn allein die Hierarchie trage nicht dazu

00:12:04: bei, dass Frauen bei Weiterqualifikationen an erster Stelle mitgedacht werden. Sie nennt das ein

00:12:10: Strukturproblem und es gibt noch einen anderen Grund, der Frauen am vorwärtskommen Hinderem

00:12:15: entzieht. Da gibt es mehrere Modelle. Es gibt einmal bei mir machen Frauen grundsätzlich keinen

00:12:20: Führerscheinchef. Bei den anderen ist es ja so, es gibt ja gewisse Lehrgänge, die wir absolvieren

00:12:26: und dann arbeiten wir uns ja immer weiter. Wir machen eine Grundausbildung, wir machen Atemschutz,

00:12:31: Funk, dann ist meistens der Maschinist oder erst dann der Lkw Führerschein und dann der Maschinisten

00:12:37: scheinen, um diesen Lkw, diese ganzen Pumpen und alles zu bedienen. Jetzt ist das Problem aber, dass

00:12:43: die Frauen bis dahin nicht kommen. Die kommen bis zum Atemschutz, dann hört es auf. Dann bestimmen

00:12:48: eben Leute, dass andere dran sind, dann gibt es Ausreden, warum die Frau vielleicht nicht

00:12:54: diesen Führerschein bekommt, weil sie schwanger werden könnte, weil sie weggeht. Weil wir Frauen

00:12:58: so schlecht Auto fahren, das heißt aber, dass wir uns selber auch mal dann in die Reihe stellen müssen,

00:13:04: sagen halt, jetzt bin aber auch ich mal dran, weil sonst werde ich einfach immer überholt von den

00:13:09: Männern. Männer auf der Überholspur Frauen im Schritttempo? Birgit Kil spricht gerne in Bildern,

00:13:15: wenn es um Defizite beim Thema Gleichstellung geht. Für sie braucht es keine neuen Vorschriften oder

00:13:20: Ansätze, um Frauen zu fördern. Ihren Standpunkt unterstreicht sie deutlich. Es gibt ein gesetzlich

00:13:26: verankertes Gleichstellungsgebot, das praktisch jedoch zu wenig umgesetzt wird. Alle 16 Bundesländer

00:13:32: haben ein Gleichstellungsgesetz, das für alle öffentlich agierenden Dienste eines Landes bündend

00:13:36: ist. Es besagt, dass Frauen nicht nur gleichgestellt, sondern auch gefördert werden sollen. Natürlich

00:13:42: gehören Feuerwehren zu dieser öffentlichen Aufgabe, ob als Berufsfeuerwehr oder im Ehrenamt,

00:13:47: immer im Sinne der gesellschaftlichen Daseinsvorsorge. Auch dafür findet Birgit Kil ein Gleichnis. Die

00:13:53: gesetzliche Regelung nicht mit Tatkraft umzusetzen sei so, als würde man mit dem Auto andauernd

00:13:58: regelwidrig in der Feuerwehr zu fortparken. Jeder Leiter einer Feuerwehr sollte deshalb

00:14:03: einen Gleichstellungsplan in der Schublade haben. Diesen Plan sollte er einem Realitätscheck unterziehen

00:14:09: und daraus Konsequenzen ableiten. Diese Frauenförderung braucht es, um nicht nur Frauen zu motivieren,

00:14:16: unten mitzumachen, sondern wir brauchen auch Frauen in Führung. Im Moment sind wir leider etwas

00:14:24: abhängig, weil wir hierarchisch unterwegs sind, natürlich von den Hebeln, die noch von ganz vielen

00:14:30: Männern geleitet werden. Das ist das Problem. Wir müssen viele in der Hierarchie, also männlich,

00:14:37: wieder mit ins Boot holen, damit sie uns unterstützen, weil wir es ja nicht alleine können, weil wir

00:14:43: ja nicht, wir könnten es alleine. Wir sind aber nicht in den passenden hierarchischen Strukturen

00:14:48: unterwegs. Gern berufen sich Funktionäre in der Feuerwehr in Sachen Gleichstellung auf die

00:14:52: demokratische Grundstruktur der Organisation. Wer ein Amt übernehmen will, muss per Wahl dazu

00:14:57: berufen werden. Das beginnt bereits in Jugendfeuerwehren. Daraus könnte man nun den Schluss ziehen,

00:15:02: dass es für Frauen jederzeit möglich ist, in gewisse Positionen zu kommen. Die Crux zeigt sich

00:15:07: laut Birgit Kilje doch im einfachen Mehrheits- beziehungsweise Minderheitsverhältnis. Frauen

00:15:12: sind unterrepräsentiert. Bewerben sich also beispielsweise zehn Männer auf ein Amt und

00:15:16: nur eine Frau, weil es eben nur eine Frau gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit offensichtlich

00:15:21: überproportional hoch, dass ein Mann gewählt wird. Auch deswegen, weil vielleicht schon immer

00:15:26: Männer entsprechende Funktionen begleitet haben und sich Kameraden und Kameradinnen eine Frau

00:15:31: im Amt daher weniger vorstellen können. Diese systemischen Hindernisse Stück für Stück

00:15:35: aufzubrechen. Daran arbeitet Birgit Kil. Deswegen ist das ja meine Aufgabe und das ist ausgearbeitet

00:15:42: von uns, dass wir in den Landesverbänden gerne eine ganz oben eine Landesfrauensprecherin,

00:15:49: dann brauchen wir Kreisfrauensprecherin, Stadtfrauensprecherin usw., weil wir müssen in kleinen

00:15:55: Portionen denken. Wir müssen ja hierarchisch verteilen. Wir verteilen, wenn wir eine Nachricht

00:16:00: haben von meinen Veranstaltungen zum Beispiel, dann werfe ich das in den Hauptverteiler, dann

00:16:05: bekommt das der Kreisfahrtenmeister, die Leiter der Feuerwehren. Aber diese Brieftaube, und

00:16:09: das glaubt man nicht, die geht irgendwo meistens verloren. Weil die wird nicht runtergeleitet,

00:16:14: weil man entscheidet, ist das eine Nachricht, die meine Frauen wissen wollen? Nein. Also

00:16:20: teilt das sie gar nicht weiter. Und deswegen brauchen wir diese kleineren Strukturen. Wir

00:16:26: können im Deutschen Feuerverband tausend gute Kampagnen machen. Die bringen mir aber persönlich

00:16:32: vor Ort nichts, denn nur jeder kann für sich vor Ort für ein besseres Miteinander, für

00:16:40: Wertschätzung usw. kämpfen. Ein wertschätzender Umgang, da steht für sie an erster Stelle.

00:16:46: Und dafür brauche es Zweierlei. Einerseits den offenen Umgang mit Konflikten, andererseits

00:16:51: die Suche nach Vorbildern. Für beide Aspekte nennt sie Beispiele. Zum Problem gehört zum

00:16:56: Beispiel Sexismus. Darüber werde in Wären wenig bis gar nicht gesprochen. Abgesehen

00:17:02: von körperlichen Übergriffen müssten vor allem auch atmosphärische Grenzüberschreitungen

00:17:06: im Fokus stehen, meint Birgit Kill. Das Reiche von geschmacklosen Sprüchen und vermeintlichem

00:17:11: Humor bis hin zu Wachenkalendern mit nackten Frauen. Diese hingen vielerorts selbstverständlich

00:17:17: an den Wänden und seien nicht wegzubekommen, weil Männer sich dagegen sperrten. Entscheidend

00:17:21: sei, sagt Birgit Kill, dass für jeden Menschen andere Schmerzgrenzen gelten. Was manche

00:17:26: Einsatzkräfte im Dienst vielleicht tolerieren können und sie meint damit explizit auch Männer,

00:17:30: fühlt sich für andere ungut an. Dass Gewalt auch in Sprache beginnen kann, sei vielen

00:17:35: zudem nicht klar. Darüber ins Gespräch zu kommen nennt sie Elementar, um den Zusammenhalt

00:17:40: in der Feuerwehr zu stärken und Mitglieder zu halten. Hinzu kommt mit Blick auf die Jugendfeuerwehren

00:17:46: schätzt die Wachenkalender als äußerst problematisch ein. Man müsse sich fragen,

00:17:50: welches Bild an Heranwachsende vermittelt werden soll, eines das Frauen als Objekte

00:17:55: zur Show stellt, das Zeichner ein rückschrittliches, nicht modernes Bild von Feuerwehr. Gute Schule

00:18:00: sieht ja anders aus. Klar sei, dass Kommunikation dabei immer vorn anstehen müsse. Die direkte

00:18:05: Ansprache von Frauen, eine wertschätzende Ansprache, das sein Schlüssel, um echte

00:18:10: Fortschritte zu erzielen. Die, die sich damit beschäftigen, das sind die, die die Frauen

00:18:14: nachher holen. Es gibt zum Beispiel einen, das in Bayern, die ja auch sehr traditionell

00:18:19: unterwegs sind, die haben zum Beispiel auch über 500 Feuerwehren, die noch keine Frauen

00:18:24: haben, aber auch bei denen gibt es richtig gute Beispiele, da ist ein Kommandant einfach

00:18:29: von Tür zu Tür gegangen und hat einfach mal geklingelt. Ja und wenn dann nachher 20

00:18:34: Frauen da sitzen und 10 bleiben, selbst wenn wir 5 bleiben, wenn das jeder machen würde,

00:18:38: dann haben wir da schon gewonnen. Es gibt Wären, die müssen sich aktiv um neue Mitglieder

00:18:43: bemühen und es gibt Wären, da waren Frauen schon immer ein Teil der Alltagskultur. Ein

00:18:48: Ranking des Feuerwehrmagazins hat dazu vor einigen Jahren eine Umfrage gestartet. Gesucht

00:18:53: wurde die weiblichste Freiwillige Wehr in Deutschland. Entschieden wurde unter anderem nach der

00:18:58: besten Frauenquote. Auf den ersten 10 Plätzen aus über 200 Einsendungen landete 5 Mal

00:19:04: Niedersachsen, 2 Mal Sachsen-Anhalt, 2 Mal Bayern und 1 Mal Rheinland-Pfalz. Dass die

00:19:08: Sichtpaket von Frauen durch solche medialen Aktionen steigt, ist positiv, denn Rollmodels,

00:19:13: also Vorbilder, zeigen am besten wie weiblich Feuerwehr ist. Erwartet hatten die Autoren

00:19:18: jedoch viele östliche Bundesländer auf den vorderen Plätzen, denn das ist eine These,

00:19:23: die immer wieder zu hören ist. Weil Frauen in der DDR anders sozialisiert wurden, seien

00:19:27: sie auch heute in Feuerwehren präsenter als in den alten Bundesländern. In der Forschungsreihe

00:19:31: Mädchen und Frauen bei der Feuerwehr wird dieses Phänomen eingeordnet. Die Publikation

00:19:36: ist eine Kooperation zwischen dem Familienministerium und dem Deutschen Feuerwehrverband.

00:19:40: In der DDR war die Integration von Frauen in die Feuerwehr weiter vorangeschritten

00:19:47: als in der alten BRD. Es gab dort prozentual wesentlich mehr aktive Feuerwehrfrauen. Frauen

00:19:53: waren auch in techniknahen Berufsfeldern in weit höherem Maße präsent als in der BRD.

00:19:58: Dort hatten zudem die tradierten, bipolaren Geschlechterbilder deutlich an Orientierungskraft

00:20:04: verloren, was unter anderem in der höheren Erwerbsbeteiligung der Frauen in den neuen

00:20:09: Bundesländern vielfach fortwirkt. Die Grenzen dieses Erklärungsmusters werden allerdings

00:20:14: deutlich, wenn man nachdem zum Teil nicht unbeträchtlichen Unterschieden in der Frauenbeteiligung

00:20:20: bei der Feuerwehr fragt. Die sind sowohl zwischen verschiedenen Neuen wie zwischen verschiedenen

00:20:25: alten Bundesländern zu konstatieren.

00:20:27: Das zeigt, die These muss differenziert betrachtet werden. Eine repräsentative und aktuelle

00:20:33: Studie zum Thema fehlt. In der zitierten Publikation reichen die Zahlen bis 2005 zurück. Mädchen

00:20:39: engagierten sich demnach zu 28 Prozent in ostdeutschen Ländern und knapp fünf Prozent

00:20:44: weniger in den westdeutschen. Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt

00:20:48: waren zudem die einzigen Bundesländer, die zweistellige Prozentzahlen beim Frauenanteil

00:20:53: in freiwilligen Wären erreichten. Sozialisationen und weniger starre Rollenbilder können dafür

00:20:58: Teilerklärungen bieten. Auch das Stadtlandgefälle kommt hinzu. In ländlich geprägten Regionen

00:21:03: fehlt es an einem breiten Angebot für ehrenamtliche Tätigkeiten. Daher entfaltet Feuerwehr in

00:21:08: diesen Strukturen eine starke Bindekraft.

00:21:10: Was hier recht abstrakt klingt, ist für Steffi Heidel hingegen allzu lebensnah. Denn zu ihrer

00:21:15: ganz persönlichen Feuerwehrbiografie passen die angesprochenen Argumente. Bereits in der

00:21:20: vierten Generation wird in ihrer Familie wehrgelebt. Und das von den Frauen. Angefangen bei der

00:21:25: Oma bis hin zu den eigenen Töchtern. Deshalb, sagt Steffi Heidel, schmunzelt sie sei schon

00:21:30: im Mutterleib zur Feuerwehr gekommen.

00:21:32: Heute ist sie in zwei Freiwilligen wären aktiv,

00:21:35: unter anderem im Thüringischen Altenburg.

00:21:38: Hier engagiert sie sich als Jugendwartin, Gruppenführerin

00:21:41: und Maschinisten für Löschfahrzeuge.

00:21:43: Ihren Weg ins Ehrenamt beschreibt sie als vorgezeichnet.

00:21:47: Im Ostdeutschland oder in der DDR damals war es so,

00:21:50: dass die Frauen in der Hohe Akzeptanz in der Feuerwehr hatten.

00:21:53: Die haben den vorbeugten Brandschutz übernommen.

00:21:56: Also meine Oma war auch schon bei der Feuerwehr.

00:21:58: Und die ist damals mit anderen Kameradinnen in den Häuser gegangen

00:22:03: und haben Brandverhütungsschauen gemacht.

00:22:05: Haben geschaut, ob der Ofen ordentlich angeschlossen ist,

00:22:08: ob keine Brandlast rings rumliegt, dass das alles funktioniert.

00:22:11: Und damit sind die Frauen schon in den Vollwärnden drin gewesen.

00:22:13: Also die waren da, die waren präsent.

00:22:16: Und die Generation meiner Mama hat dann einfach

00:22:19: auch die Ausbildung absolviert, sind Einsätze mitgefahren.

00:22:22: Und das hat sich dann einfach gesteigert.

00:22:24: Und da ist diese Akzeptanz für die Frauen in der Feuerwehr sehr hoch.

00:22:28: Dennoch will sie nicht von der Hand weisen, dass es Vorbehalte gibt.

00:22:31: Oder auch Schutzargumentationen, um Frauen fernzuhalten.

00:22:35: Aus der täglichen Praxis berichtet sie zum Beispiel vom Thema Umkleide.

00:22:39: Es gibt Probleme, also es gibt Feuerwehren,

00:22:42: die möchten einfach keine Frau aufnehmen.

00:22:44: Weil nee, das ist eine meiner Sache.

00:22:46: Und die Frauen sollen mal schön am Herd bleiben.

00:22:47: Was wollen die in der Feuerwehr? Wir wollen unsere Ruhe haben.

00:22:50: Es gibt auch die, wir haben doch gar keine Umkleide.

00:22:53: Das Problem habe ich in meiner einen Feuerwehr schon seit Jahren.

00:22:55: Wir ziehen uns alle in einen Raum um.

00:22:57: Es ist halt früher so gebaut worden.

00:22:58: Und ich sage immer, mein Einsatzfall interessiert mich,

00:23:00: dass ähnlich wieder andere aussieht.

00:23:01: Und zum Schluss, wenn wir wiederkommen,

00:23:03: gibt es gegenseitig Rücksichtnahme.

00:23:04: Und da ziehen erst die einen und dann die anderen sich wieder um.

00:23:06: Sie beschreibt einen guten zwischenmenschlichen Umgang

00:23:09: in der Kameradschaft als Aushandlungsprozess,

00:23:11: der vor allem einem Muster folgen muss, dem offenen Dialog.

00:23:15: Dass kritisches direkt angesprochen wird,

00:23:17: dass Frauen den Mut finden, laut zu werden,

00:23:19: das sei nicht selbstverständlich.

00:23:21: Oft hänge vom individuellen Charakter ab,

00:23:23: ob Frau sich in der Wehr akzeptiert und wohl fühlt.

00:23:26: Sie selbst sei eine Macherin und nicht auf den Mund gefallen,

00:23:29: das Helfe sich zu behaupten und für sich einzustehen.

00:23:33: Diese Stärken nutzt sie und begleitet ein zusätzliches Amt.

00:23:36: Steffi Heidel ist Demokratieberaterin.

00:23:39: Als Teil des Bundesprogramms "Zusammenhalt durch Teilhabe"

00:23:42: hat sie der Landesfeuerwerfer Bantöringen

00:23:44: mit dem Projekt "Einmischen, Mitmachen, Verantwortung übernehmen"

00:23:48: unter anderem in Konfliktmanagement geschult.

00:23:50: Ziel von Zusammenhalt durch Teilhabe, kurz ZDT, ist es,

00:23:54: durch konkrete Projektarbeit in den Strukturen der Feuerwehr

00:23:56: Demokratiefeindlichkeit und Extremismus vorzubeugen

00:23:59: und politische Teilhabe zu fördern.

00:24:01: Frauenförderung sei in ihrer Arbeitsbarung

00:24:03: kein gesondertes Thema, sagt Steffi Heidel.

00:24:06: Was sie aber in allen Beratungsfällen zugutekommt,

00:24:08: ist die ZDT-Schulung zum Dialog.

00:24:10: Die Arbeit als Beraterin habe sie sensibilisiert,

00:24:13: ein Gespür für Probleme zu entwickeln,

00:24:15: die unter der Oberfläche prodeln.

00:24:17: Dass Frauen vielleicht auch ein gewisses Gespür für Schwingungen

00:24:19: im Raum haben, nennt sie dabei in doppelter Hinsicht wichtig.

00:24:23: Es helfe nicht nur, das atmosphärische Miteinander

00:24:25: durch die direkte An- und Aussprache zu verbessern,

00:24:27: sondern wirke sich auch auf das Einsatzgeschehen konkret aus.

00:24:31: Für Steffi Heidel ist das ein entscheidendes Argument,

00:24:33: wenn Männer, Frauen skeptisch gegenüberstehen.

00:24:36: Gemischte Teams machen Feuerwehr besser.

00:24:38: Das beschreibt sie aus ihrer persönlichen Erfahrung.

00:24:40: Wenn ich ein Einsatz leide, schaue ich halt nicht nur,

00:24:44: was passiert genau, gerade in dem Haus, was brennt.

00:24:47: Was mache meine Kameraden, sondern schaue mir auch

00:24:49: die Menschen ringsrum an.

00:24:50: Wie sieht es mit der alten Frau aus?

00:24:52: Hat die genug getrunken?

00:24:53: Oder hat die vielleicht auch die Tabletten?

00:24:56: Wir schauen halt ringsrum alles und sehen,

00:24:59: uns fällt Sachen auch auf, auch bei der Ausbildung.

00:25:02: Wieso ist denn der heute so komisch?

00:25:04: Warum ist der Kamerad so ruhig?

00:25:06: Der ist doch sonst immer so laut.

00:25:07: Was ist denn mit dem los?

00:25:08: Wir sprechen die dann dann offene an.

00:25:10: Männer tun das immer so wegdrücken.

00:25:12: Man redet halt nicht über Gefühle.

00:25:14: Und wir Frauen ticken da bis schon anders.

00:25:16: Dass Frauen mit Empathie in den Einsatz gehen

00:25:19: und zum Beispiel Multitasking-Fähiger sind,

00:25:21: ist im Gespräch mit den Expertinnen immer wieder zu hören.

00:25:24: Das mögen gefühlte Wahrheiten sein,

00:25:26: die sich wiederum aus geschlechterstereotypen ergeben.

00:25:29: Denn natürlich gibt es ebenso empathische Männer,

00:25:31: die die Kommunikationsrolle in einer Kameradschaft übernehmen,

00:25:34: weil sie diese Sozialkompetenz einfach besitzen.

00:25:37: Deshalb ist es generell ratsam, nicht zu verallgemeinern.

00:25:40: Unstrittig dürfte hingegen sein, je vielfältiger und inklusiver ein Team,

00:25:44: umso handlungsfähiger ist es.

00:25:46: Denn heterogene Perspektiven und Fähigkeiten ermöglichen es

00:25:49: im Ernstfall auf unterschiedliche Hilfsbedarfe einzugehen.

00:25:52: Und damit ist Vielfalt in der Wehr auf eine Art auch sicherheitsrelevant.

00:25:57: Wir können Frauen nun aber ganz konkret für die Feuerwehr geworben werden.

00:26:00: Von einer direkten Ansprache war schon die Rede.

00:26:03: Und Steffi Heidel hat noch andere Ideen.

00:26:05: Ich habe auch schon von Feuerwehren gehört,

00:26:07: die haben, wenn Einsätze sind, kommt eine Alterskameradinnen

00:26:10: oder Kameraden und hütet in der Zeit die Kinder,

00:26:12: weil halt drei, vier Frauen in der Einsatzabteilung sind,

00:26:14: die Kinder haben auf diesen aufpassen müssen.

00:26:17: Die Betreuung ist für mich ganz wichtig

00:26:19: und dann zur Welcherzeit die Ausbildungsdienste stattfinden.

00:26:22: Also Sonntag-Vormittag ist total klasse.

00:26:24: Ich habe schon gesagt, wenn ihr Sonntag-Vormittag Ausbildungsdienst macht,

00:26:27: findet keine Frauen, die das machen.

00:26:30: Auch die jüngeren Männer haben da keine Lust mehr drauf.

00:26:32: Komm Einsätze, muss ich dann e-vorn.

00:26:35: Das ist das Wochenende zerteilt.

00:26:37: Es gibt so viele Wochentage, wo man auch mal eine Ausbildung machen kann.

00:26:40: Es muss auch nicht immer der Freitagabend sein.

00:26:42: Man muss sich reinteilen, passt das mit den Kindern.

00:26:46: Das ist wichtig.

00:26:48: Es muss ein gutes Aufnahmeklima herrschen.

00:26:50: Also auch eine Willkommenskultur, man sagt,

00:26:53: man fühlt sich willkommen, der Feuerwehr,

00:26:55: und ist nicht auch jemand Neues da.

00:26:57: Wer ist denn das?

00:26:59: Vielleicht auch jemand an der Seite stellen, so wie ein Pater.

00:27:02: Der sagt, so läuft das bei uns und denen das auch allen zeigt.

00:27:07: Das wäre auch total klasse.

00:27:09: Willkommenskultur und Aufnahmeklima.

00:27:11: Das sind zwei interessante Stichworte.

00:27:13: Denn Frauen oder Mädchen können daran scheitern,

00:27:15: dass ihnen passender Ansprechpersonen fehlen,

00:27:17: wie den Einstieg leichter machen.

00:27:19: Eine Anekdote aus dem Bereich Jugendfeuerwehr

00:27:21: bebildert das ganz gut.

00:27:23: Ein Mädchen von 12 Jahren entscheidet,

00:27:25: sich in die freiwillige Feuerwehr ihres Orts einzutreten.

00:27:28: Ihre Mutter fährt sie also zum offiziellen Treff.

00:27:30: Doch als beide am Feuerwehrhaus vorbeifahren

00:27:32: und das Mädchen auf dem Hof nur Jungs und Männer sitzen sieht,

00:27:36: sagt sie zu ihrer Mutter, fahr weiter,

00:27:38: ich möchte da nicht hin. Vielleicht das nächste Mal.

00:27:40: Diese Szene wurde in einem der Interviews

00:27:42: für diesen Podcast erzählt.

00:27:44: Die Kinder und Jugendfeuerwehren sind ein Dreh- und Angelpunkt.

00:27:47: Wenn es darum geht, weibliche Mitglieder dauerhaft

00:27:49: für Feuerwehr zu begeistern.

00:27:51: Deshalb schlägt die Jugendfeuerwehr viele Pflöcke ein

00:27:53: und bringt das Thema immer wieder zur Sprache.

00:27:55: Aufgeklärt wird beispielsweise über Gender Mainstreaming.

00:27:59: Außerdem gibt es Anleitungen, wie gute Jugendarbeit

00:28:01: unter diesem Gesichtspunkt aussehen kann.

00:28:03: Nach Zahlen von 2021 lag der Mädchenanteil

00:28:05: in Jugendfeuerwehren bei 29,8 Prozent.

00:28:07: Der Einbruch hin zur Einsatzwehren ist damit immens.

00:28:09: Zur Erinnerung.

00:28:11: Aktuell sind dort 10,8 Prozent Frauen engagiert.

00:28:13: Um dem Nachwuchs genauer nachzuspüren,

00:28:15: widmen wir Jugend und Kinderwehren demnächst

00:28:17: eine eigene Podcastfolge.

00:28:20: Dennoch soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben,

00:28:22: warum die Einsatzwehr zur Bruchstelle

00:28:24: für weibliches Engagement werden kann.

00:28:26: Steffi Heidel hat als Jugendwarten nicht nur viel Erfahrung

00:28:28: mit Heranwachsenden, sondern auch ihren ganz eigenen Blick

00:28:30: auf das Thema.

00:28:32: Wir haben auch die Nachwuchs- und Jugendfühler

00:28:34: in der Jugend- und Jugend-Fahrung geblieben.

00:28:36: Das ist auch das Thema.

00:28:38: Dass die Pubertätsthase in der Jugendfeuerwehr zu überstehen,

00:28:40: danach bleiben die bei der Feuerwehr.

00:28:42: Das ist meine Erfahrung in den letzten 10 Jahren.

00:28:44: Das Problem ist aber,

00:28:47: dass bei den Jugendsthosen eher die Feder dahinter stehen,

00:28:49: "Nee, du gehst jetzt zur Feuerwehr",

00:28:51: und das ist wichtig, und ich bin ja auch in der Feuerwehr.

00:28:53: Und bei den Mädchen eher die Eltern,

00:28:55: dass sie beschlagert sind, und dann bist du halt nicht mehr bei der Feuerwehr.

00:28:57: Da ist halt Schminke und Schickausehen,

00:28:59: und irgendwelche Jungs sind halt teilweise wichtiger.

00:29:01: Und cool sein und woanders seine Freizeit verbringen,

00:29:03: und das ist die Pubertätsthase.

00:29:05: Und haben wir die hier immer überwunden, dann bleiben die.

00:29:08: Ganz ähnlich beschreibt doch Birgit Kil den Sonderfall Jugendfeuerwehr.

00:29:12: Für die Frauenbeauftragte des Deutschen Feuerwehrverbandes

00:29:15: braucht es Sonderangebote für Mädchen,

00:29:17: um sie in der Phase der Selbstfindung nicht zu verlieren.

00:29:19: Die Mädchen verändern sich.

00:29:21: Die Mädchen werden, sagen wir mal, zurückhaltender.

00:29:25: Die brauchen immer die Freundin, die mitgeht aus Klo.

00:29:28: Die brauchen die Freundin, die mitgeht,

00:29:30: irgendwo hin.

00:29:32: Viel fehlt der Mut zu sagen,

00:29:34: "Kann ich, mach ich tu ich", und zwar auch alleine.

00:29:37: Wir schaffen das nicht, wenn wir die Mädchen nicht rausziehen,

00:29:40: und genau das mit den Mädchen machen,

00:29:42: was wir auch mit den Frauen machen.

00:29:44: Wir müssen sie spielerisch so infizieren mit Feuerwehr,

00:29:47: dass sie gar nicht mehr die Möglichkeit haben,

00:29:49: irgendetwas anderes zu machen.

00:29:51: Spaß am Miteinander und Vertrauen.

00:29:53: Das sind die Antriebsfedern, wenn es um ehrenamtliches Engagement geht.

00:29:56: In freiwilligen Wären muss also das Gesamtpaket stimmen,

00:29:59: um Menschen auf Dauer zu binden.

00:30:01: Aber wie sieht das eigentlich im Berufswehren aus?

00:30:03: Rund 5 % der Feuerwehraktiven sind hauptamtlich

00:30:05: im Brandschutz- und Rettungswesen aktiv.

00:30:07: Und auch hier spielen Frauenbelange eine entscheidende Rolle.

00:30:11: Weil Frauen an dieser Stelle ebenso unterrepräsentiert sind.

00:30:15: Mit 2,7 % laut Zahlen des Deutschen Feuerwehrverbandes von 2021.

00:30:20: Eine, die es geschafft hat, ist Tanja Schmitz.

00:30:23: Sie ist eine von 22 Frauen in der Feuerwehr Bremen,

00:30:26: die insgesamt 4 % an der Belegschaft ausmachen.

00:30:29: In ihrem Job begleitet Tanja Schmitz

00:30:31: außerdem das Amt der Frauenbeauftragten.

00:30:33: Sie ist Teil des Arbeitskreises Fährnis im Fokus des DFV

00:30:36: und frisch ausgebildete Mobbing- und Konfliktberaterin.

00:30:39: Warum auch in der Berufsfeuerwehr Frauenförderung relevant ist,

00:30:42: zeigt sich mit Blick auf die Zahl der Menschen,

00:30:44: die sich für den Job überhaupt noch interessieren.

00:30:47: Hier beobachtet Tanja Schmitz einen starken Rückgang.

00:30:49: Ich bin ja jetzt seit 7 Jahren Frauenbeauftragte.

00:30:52: Um Anfang meiner Karriere hatten wir 450 Bewerber auf ein halbes Jahr.

00:30:57: Und jetzt ist das so, dass wir für ein ganzes Jahr

00:31:00: 100 Bewerbungen haben.

00:31:02: Das ist natürlich schon ein wahnsinniger Rücklauf.

00:31:06: Und das ist Feuerwehr auch gar nicht gewohnt.

00:31:09: Also Feuerwehr hat immer das Gefühl,

00:31:11: alle wollen gerne zur Feuerwehr.

00:31:13: Und wir können uns die Leute aussuchen.

00:31:15: Doch diese Vorstellung passt nicht mehr.

00:31:17: In ihrem Jahrgang haben es damals 3 Frauen geschafft.

00:31:20: Das ist jetzt nach 20 Jahren das erste Mal wieder so.

00:31:23: Wenn sie heute talentierte Frauen sieht, die den Test nicht schaffen,

00:31:27: sucht sie durchaus auch das persönliche Gespräch.

00:31:30: Sie motiviert weiter zu üben und sich erneut zu bewerben.

00:31:33: Denn auch für Tanja Schmitz ist der goldene Schlüssel die direkte Ansprache.

00:31:37: Und für Frauen spielt, genauso wie bei den Freiwilligen werden,

00:31:40: das Arbeiten in einer Männerdomäne eine Rolle.

00:31:42: Frauen müssten sich Rang und Anerkennung

00:31:44: immer noch hart erarbeiten, sagt Tanja Schmitz.

00:31:47: Dabei gehe es nicht um besondere Charakteregenschaften

00:31:50: oder ein spezifisches Auftreten,

00:31:52: sondern darum, zu einer Minderheit zu gehören.

00:31:54: Als Teil einer unterrepräsentierten Gruppe

00:31:56: werde man weit mehr auf die Probe gestellt, sagt sie.

00:31:59: Die Feuerwehr Bremen hat in dieser Hinsicht eine besondere Geschichte.

00:32:03: Denn 2020 wurde hier ein Skandal im Miteinander öffentlich.

00:32:07: Eine weibliche Einsatzkraft hat Mobbing

00:32:09: und rassistische Diskriminierung von Vorgesetzten und Kameraden bekanntgemacht.

00:32:13: In einem ersten Schritt vertraute sich die Betroffene damals Tanja Schmitz an.

00:32:17: In der Beratung schilderte sie unter anderem folgende Szene.

00:32:21: Also die Frau, die quasi den Skandal in Bremen ausgelöst hat,

00:32:26: hat sich gemobbt gefühlt von ihrer Wachabteilung

00:32:32: und hat durch einen Kollegen eine Aufzeichnung

00:32:37: von einem Frühstücksgespräch zugespielt bekommen,

00:32:41: wo die Kollegen sich darüber unterhalten haben,

00:32:43: wie sie sie loswerden können.

00:32:46: Die Frau mit deutsch-türkischer Identität berichtet in diesem Zwiegespräch

00:32:50: ausführlich von Momenten der Ernietrigung.

00:32:52: Tanja Schmitz verweist sie nach zwei Stunden schließlich

00:32:55: an die Antidiskriminierungsstelle der Stadt Bremen.

00:32:58: Ihre Empfehlung stößt einen weitreichenden Prozess an.

00:33:01: Neben straffrechtlichen Ermittlungen

00:33:02: wurde die ehemalige Präsidentin des Oberlandesgerichts

00:33:05: beauftragt, einen Bericht anzufertigen,

00:33:07: um den Vorwürfen von Sexismus und Mobbing nachzugehen.

00:33:10: Was Frauen auf Bremer Wachen erleben, wird darin deutlich.

00:33:14: Die wenigsten Beamt*innen erfreuen sich an abendlichen Pornofilmen

00:33:19: im gemeinsamen Aufenthaltsraum der Wache.

00:33:21: Einige äußern dies und die männlichen Kollegen

00:33:24: bekommen dem Wunsch nach einem anderen Programm danach.

00:33:27: In anderen Fällen werden Frauen aufgefordert,

00:33:30: wenn es ihnen nicht passe,

00:33:31: doch den Gemeinschaftsraum zu verlassen.

00:33:34: An anderer Stelle wird auf einen öffentlichen Auftritt

00:33:36: von Führungskräften verwiesen.

00:33:38: Im Rahmen einer Veranstaltung für die Universität Bremen 2015

00:33:42: äußerten Feuerwehrmänner in leitenden Funktionen,

00:33:45: dass das eigentliche Problem der Feuerwehr Frauen sein.

00:33:48: Sie könnten keine Maschinen bedienen

00:33:50: und brechten alles durcheinander.

00:33:52: Die Details des Fals sollen hier nicht weiter vertieft werden,

00:33:55: denn dazu ist medial genug berichtet worden.

00:33:58: Viel mehr soll es darum gehen,

00:33:59: was Bremen aus den Vorfällen gelernt hat.

00:34:01: Wie kann es gelingen Feuerwehr,

00:34:02: egal ob auf ehrenamtlicher oder beruflicher Basis,

00:34:05: mit einer starken inneren Haltung zu versehen,

00:34:08: sodass Abwertung, Diskriminierung und Extremismus

00:34:10: keinen Fuß fassen können?

00:34:12: Tanja Schmitz hat eine Vorstellung, was es dazu braucht.

00:34:15: Jeder Einzelne von uns ist einfach noch mal mehr angehalten,

00:34:19: hinzugucken, zu gucken,

00:34:21: auch, wie es dem Kameraden rechts und links von uns geht.

00:34:27: Und einfach auch mal nachzufragen,

00:34:29: weil das hätte gar nicht so weit kommen dürfen.

00:34:32: Ich glaube, dass es total wichtig ist,

00:34:35: wenn man regelmäßige Teamcoaches macht in so einer Gruppe.

00:34:40: Es ist total wichtig,

00:34:41: dass die Führungskräfte gut geschult werden.

00:34:44: Wir müssen lernen,

00:34:46: wie kommuniziert man überhaupt gut miteinander,

00:34:49: wie gibt man anständiges Feedback?

00:34:51: Dann spielt Zeit und Sport eine große Rolle.

00:34:55: Gerade bei Feuerwehren,

00:34:56: wenn die Einsätze manchmal auch relativ wenig sind,

00:35:00: dann ist es total wichtig,

00:35:01: dass Team Sport gemacht wird miteinander,

00:35:04: weil das dieses Wirrgefühl stärkt.

00:35:07: Sie berichtet auch von positiven Beispielen,

00:35:09: die Feuerwehren in ihre Strukturen übernehmen sollten,

00:35:12: um Spannungen vorzubeugen.

00:35:14: In puncto Miteinander

00:35:15: begeistert sie besonders ein Projekt in Hamburg,

00:35:17: das Feuerwehr von der Sozialkompetenz herdenkt.

00:35:20: Die haben sogenannte soziale Ansprechpartner auf den Wachen.

00:35:24: Das heißt, die Wachabteilung wählt sich ihren sozialen Ansprechpartner.

00:35:30: Und der oder die soziale Ansprechpartner

00:35:33: wird in bestimmten Themen wie Kommunikation,

00:35:36: Tod und Sterben, familiäre Belastungssituationen,

00:35:41: Sucht fortgebildet.

00:35:44: Und ist dann ein niederschwelliger Ansprechpartner

00:35:47: für die Wachabteilung.

00:35:48: Und gerade wenn Leute in diesen Themen ausgebildet sind,

00:35:53: dann fühlen die sich auch eher dafür zuständig,

00:35:57: schwierige Situationen im Team anzusprechen.

00:36:01: Und das ist ja immer wieder die Crux an Konflikten,

00:36:05: dass sie im Endeffekt erst an die Führungskraft gemeldet werden,

00:36:09: wenn sie eigentlich schon komplett eskaliert sind.

00:36:13: Das, was Tanja Schmitz hier für die Berufsfeuerwehr beschreibt,

00:36:16: ist, was das Programm "Zusammenhalt durch Teilhabe"

00:36:19: seit vielen Jahren durch Konflikt und Demokratieberater

00:36:22: und Beraterinnen in den Strukturen der Landesfeuerwehrverbände fördert

00:36:26: und auch mit einer hauptamtlichen Stelle unterstützt.

00:36:29: Das Ziel, ein Frühwarnsystem für Konflikte entwickeln

00:36:33: und diese durch einen gemeinsamen Dialog angehen,

00:36:36: damit sich Probleme im Miteinander nicht verherrten

00:36:39: und irgendwann eskalieren, sondern direkt bearbeitet werden.

00:36:42: Das ist die Führungskraft für die Zukunft von Feuerwehr.

00:36:46: Da ist es die Bremer Feuerwehrfrau sicher.

00:36:48: Schließlich gehe das Handwerk weit über technische,

00:36:51: sportliche und leistungsbezogene Aspekte hinaus.

00:36:54: Die Sozialkompetenz von Einsatzkräften

00:36:57: werde zunehmend wichtiger, meint sie.

00:36:59: Um diese zu trainieren, gibt es viele praktische Ansätze,

00:37:02: Workshops, Coachings oder Rollenspielszenarien.

00:37:05: Letzteres entsteht beispielsweise in Prämen.

00:37:08: Es soll Feuerwehrkräfte nicht nur im Umgang

00:37:11: von der Kraft selbst richten.

00:37:12: Auf einer Trainingsfläche wird dafür

00:37:15: eine bekannte Prämer Straßenkreuzung nachgebaut.

00:37:17: Laut Tanja Schmitz ein einschlägiger sozialer Treffpunkt.

00:37:21: In diesem Übungsraum sollen verschiedene Situationen durchgespielt werden.

00:37:25: Tanja Schmitz veranschaulich das.

00:37:27: Z.B. soll an der Bushaltestelle ein Obdachloser liegen.

00:37:30: Dann wird gefragt, wie würdest du denen ansprechen?

00:37:33: Die Ansprachen sind ganz unterschiedlich.

00:37:35: Bis einem, der sich empathisch runterbeugt und sagt,

00:37:39: was ist los, wie geht es dir denn?

00:37:41: Bis zu demjenigen, der mit dem Fuß gegen den Menschen pritt und sagt,

00:37:46: ich steh auf, was hast du denn so?

00:37:48: Dann werden so Fragen gestellt,

00:37:51: wie würdest du mit demjenigen auch so umgehen

00:37:54: und den genauso ansprechen, wenn da jemandem anzug liegt?

00:37:58: Einfach, damit man sich immer wieder selbst reflektiert und guckt.

00:38:03: Ja, wir haben einen schweren Job.

00:38:05: Und ja, ich darf auch Ekel und Wut empfinden

00:38:08: in diesem Job.

00:38:10: Trotzdem habe ich aber die Uniform an und muss mich professionell verhalten.

00:38:15: Dafür muss ich auch immer wieder die Möglichkeit kriegen,

00:38:18: mich zu reflektieren.

00:38:20: So soll ein Erkenntnisprozess angestoßen werden,

00:38:23: der Diskriminierungstendenzen außerhalb und innerhalb

00:38:26: einer Kameradschaft sichtbar macht.

00:38:28: Was so beispielhaft klingt, ist in der Realität ein schwieriges Unterfangen.

00:38:32: Laut Tanja Schmitz wurde errechnet, wie viele Einsatzkräfte

00:38:35: durch das Training innerhalb eines Jahres geschickt werden können.

00:38:38: Das heißt, bis alle Feuerwehrleute in Bremen

00:38:41: diese Schulung durchlaufen haben, vergehen rund 9 Jahre.

00:38:45: Der Grund seien personelle Engpässe,

00:38:47: die es nicht erlauben, mehr Personal freizustellen.

00:38:50: Eine Dilemma-Situation.

00:38:52: Denn gerade diese Ressourcen braucht es, um Frauen und generell

00:38:55: Diversitätsförderung in der Feuerwehr relevant einzuräumen.

00:38:59: Zu diesem Schluss kommt auch Professorin Ilona Horbert,

00:39:02: die das Thema "Königin" beobachtet hat.

00:39:04: Wenn man sie nach einer Lösung für alle angesprochenen Herausforderungen

00:39:09: fragt, klingt das so.

00:39:10: Eine Empfehlung aus unserer Arbeit oder aus der Fortdessistudie

00:39:14: ist tatsächlich auch ein Fachbereich Vielfalt

00:39:16: im deutschen Feuerwehrverband einzurichten.

00:39:19: Da hat man dann auch strukturell schon mal wieder was aufgebaut.

00:39:22: Das hat auch kulturelle Auswirkungen in der Berufsfeuerwehr.

00:39:26: Wie ja, da gibt es die

00:39:32: Vorbilder, wie man diese Aufnahmeprüfungen,

00:39:35: Aufnahmetests vorbereiten kann.

00:39:37: Dass man da Kurse anbietet, dass man eben auch

00:39:41: frühzeitig rekrutiert und versucht,

00:39:43: Frauengruppen darauf hinzutrainieren, wenn sie interessiert sind.

00:39:47: Für alle Bereiche braucht es eine gezielte und konsequente

00:39:51: Rekrutierung, eine präventive Arbeit in Communities

00:39:54: und mit dem potenziellen Nachricht.

00:39:56: Das ist eine sehr gute Frage.

00:39:58: Das braucht mehr Professionalität und Konsequenz

00:40:02: beim Thema Antidiskriminierung.

00:40:04: Aus meiner Sicht ist es extrem wichtig,

00:40:07: jetzt dafür zu sorgen,

00:40:08: Rollmodels zu schaffen, diese zu unterstützen

00:40:12: und ganz klar zu zeigen, dass die Organisation hinter denen steht.

00:40:17: Sie in ihren Bedürfnissen wahrzunehmen und zu integrieren,

00:40:21: wird den Weg von Feuerwehr als zeitgemäßer Organisation

00:40:24: mitbestimmen.

00:40:26: Dazu gehört auch ein Aspekt, der abschließend erwähnt sein soll.

00:40:30: Und zunächst vielleicht marginal klingt.

00:40:33: Passende Uniformen für Frauen.

00:40:35: Es ist immer noch die Regel,

00:40:37: dass weibliche Einsatzkräfte mit Kleidung arbeiten,

00:40:40: die anatomische Besonderheiten nicht berücksichtigt.

00:40:43: Kleidung, die an der Brust zu eng und an der Hüfte zu weit

00:40:47: oder zu lang ist.

00:40:48: Das ist ein beispielhaftes Puzzleteil

00:40:51: im Gesamtbild Frauenförderung.

00:40:53: Das ist eine gleichstellung sichtbar.

00:40:55: Weit mehr findet Benachteiligung aber in weniger sichtbaren

00:40:59: Organisationsstrukturen statt.

00:41:01: Das macht Ilona Horvat final klar.

00:41:03: Wichtig sind natürlich auch die Entwicklungschancen

00:41:06: in der Organisation.

00:41:08: Obwohl es inzwischen sehr viele Frauen gibt

00:41:11: und international das Erfreuliche ist,

00:41:14: dass sich viele Frauen in Spitzenpositionen

00:41:16: im Feuerwehrwesen vorgearbeitet haben.

00:41:19: Ist es nach wie vor so, dass Beförderungen von Frauen

00:41:22: im langsamer Folgen kompetenz weniger anerkannt wird

00:41:26: und soziale Akzeptanz vielerorts immer noch limitiert wird

00:41:30: oder limitiert ist.

00:41:32: Dass diese Probleme benannt werden, ist wichtig.

00:41:35: Trotzdem stellt es sich im Alltag oft so dar,

00:41:37: dass Frauen mit einer so herausgehobenen Rolle

00:41:40: gar nicht so einverstanden sind.

00:41:42: Viele wollen innerhalb ihrer Kameradschaft

00:41:45: nicht so etwas Besonderem gemacht werden.

00:41:47: Weil sie fürchten, sich auf diesem Weg nicht integrieren zu können.

00:41:50: Sie wollen dieses Missverständnis auflösen.

00:41:53: Ihre Motivation beschreiben sie so.

00:41:55: Wenn sich Frauen in der Feuerwehr wohlfühlen,

00:41:57: schlägt sich das auf die gesamte Atmosphäre im Team nieder.

00:42:00: Wir wollen uns nicht hervorheben,

00:42:03: wir wollen auch nicht was Besseres oder was Besonderes.

00:42:07: Wir wollen nur gleich.

00:42:09: Mir ist das egal, was für ein Geschlecht wir haben.

00:42:11: Mir ist das egal, was für eine Sexualorientierung,

00:42:14: was für eine Hautvorbe, was für eine Religion.

00:42:16: In der Feuerwehr für mich sind alle gleich.

00:42:18: Lass uns einfach miteinander reden, wenn irgendwas nicht stimmt.

00:42:21: Wenn ich ein schlechtes Gefühl habe, wenn irgendwas ist,

00:42:24: lass uns das direkt ansprechen und miteinander reden.

00:42:27: In dieser Folge von Zukunft 112

00:42:30: haben wir über die gesprochen, die mehr werden.

00:42:32: Frauen.

00:42:33: Sie sind zwar noch nicht gleich auf mit den Männern,

00:42:36: aber auf dem Weg.

00:42:37: Hier und da haben Frauen bereits den Fuß in der Tür.

00:42:40: Hier setzen sie ihre Ideen mit Tatkraft um,

00:42:42: um ihrer Vision einer gleichberechtigten, inklusiven

00:42:46: und vielfältigen Wehr näher und näher zu kommen.

00:42:49: Copyright WDR 2021

00:42:51: Copyright WDR 2021

00:42:53: Copyright WDR 2021

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